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Monsanto in der Defensive
Unkrautvernichter Roundup wird endlich neu bewertet
Stichwörter: Artenschwund Wirtschaft Entwicklung

Manche Mühlen mahlen langsam, andere noch langsamer. Vier Jahre Vorlaufzeit brauchten die bürokratische Stukturen der EU und Bundesregierung bis endlich die Entscheidung gefallen war, beim Unkrautvernichtungsmittel Roundup genauer hinzugucken und seine Umweltverträglichkeit neu zu bewerten. Roundup wird vom amerikanischen Unternehmen Monsanto vertrieben. Das Unternehmen war in der Vergangenheit schon durch 'verbrecherische Manipulation' bei dem als 'Agent Orange' bekannten Entlaubungsmittel (Einsatz Vietnamkrieg) auffällig geworden. Für weitere Information siehe Film: Monsanto - Mit Gift und Genen

Im Sommer 2005 nämlich hatte der Biologe Rick Relyea von der University of Pittsburg veröffentlicht, dass das globale Froschsterben möglicherweise mit dem Herbizid Roundup, das weltweit am meisten verwendet wird, zusammen hängen könnte (Details hier). Damals schon hätten die Behörden in Europa aktiv werden und weitere Untersuchungen in Auftrag geben können, anstelle den hauseigenen Veröffentlichungen von Monsanto Glauben zu schenken (siehe Roundup ist sicher für die Natur).

Roundup hat es in sich. Im August 2005 zitiert Florian Rötzer in Roundup und das globale Amphibiensterben Rick Relyea mit den Worten

Das überraschendste Ergebnis aus den Experimenten ist, dass eine Chemikalie, die entwickelt wurrde, um Pflanzen zu abzutöten, innerhalb von drei Wochen 98 Prozent aller Kaulquappen und innerhalb von einem Tag 79 Prozent aller Frösche tötete.

Unter diesen Umständen braucht es keinen mehr zu wundern, wenn Frösche von den Bäumen fallen oder sie die Bäume nicht mehr hoch kommen. Gerade in vielen Regenwaldländern wird Roundup für alle möglichen Zwecke eingesetzt. Selbst Kleinbauern, die Packungsbeilagen oder Warnhinweise höchstwahrscheinlich nicht lesen (können), spritzen von ihren Rückenspritzen das Wundergift gegen alles mögliche Unkraut um den Ertrag ihrer Kaffeesträucher, der Pfefferpflanzen oder ihrer Papayastauden zu erhöhen.

Mal sehen, wie lange Monsanto diese weltweite Giftduscherei noch betreiben darf.

Unter Verdacht
Deutsche Behörden prüfen, ob der Unkrautvernichter Roundup gesundheitsschädlich ist

Von Silvia Liebrich

München - Der amerikanische Agrarkonzern Monsanto gerät zunehmend unter Druck. Grund dafür ist das Unkrautvernichtungsmittel Roundup, das weltweit zu den meist verkauften Herbiziden gehört und 2008 vier Milliarden Dollar zum Gesamtumsatz beitrug. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung nehmen deutsche Behörden derzeit für die gesamte Europäische Union eine Neubewertung des Monsanto-Mittels vor. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Roundup möglicherweise nachhaltig Umwelt und Gesundheit schädigt.

Umweltschützer weisen seit langem auf mögliche Gefahren hin, die von dem Unkrautvernichtungsmittel ausgehen, das bereits seit den achtziger Jahren auf dem Markt ist. Sollten neue Studien dies bestätigen, könnte das Mittel im schlimmsten Fall in Deutschland seine Zulassung verlieren, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Donnerstag bestätigte. Für die Risikobewertung seien das Umweltbundesamt und das Bundesinstitut für Risikobewertung zuständig.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das sogenannte Netzmittel Tallowamin. Der Hilfsstoff sorgt dafür, dass Glyphosat, der Hauptbestandteil von Roundup, richtig wirken kann. Amerikanische Wissenschaftler bringen den Hilfsstoff unter anderem in Verbindung mit einem Massensterben von Fröschen und Kröten in den USA. Bei Menschen, die damit in Berührung kommen, kann der Stoff zu Hautreizungen und Übelkeit führen. Monsanto und andere Hersteller von Pestiziden, die Tallowamin enthalten, wurden deshalb bereits vor einigen Monaten vom BVL aufgefordert, den Hilfsstoff bis Ende 2010 zu ersetzen.

Monsanto bestätigte zwar den Erhalt eines entsprechenden Bescheides. Gegen diesen sei jedoch inzwischen Einspruch erhoben worden, sagte ein Firmensprecher. Die Aussagekraft von Studien unabhängiger Forscher werden von dem Agrarkonzern in Zweifel gezogen. Aus Sicht des Unternehmens gebe es keine "wissenschaftlichen Erkenntnisse", die einen Austausch von Tallowamin rechtfertigen würden, betonte der Sprecher und verwies auf Untersuchungen aus dem eigenen Haus.

Beim Bundesamt für Verbraucherschutz will man sich darauf allein nicht verlassen. Aktuell sind in Deutschland sieben Pflanzenschutzmittel mit der womöglich gefährlichen Kombination zugelassen. Monsanto und andere betroffene Firmen wurden nun von der Behörde aufgefordert, "kurzfristig alle ihnen bekannten neuen Daten und Informationen den Behörden vorzulegen". Sie sollen außerdem kritische Punkte in zusätzlichen Studien abklären. "Sollte sich ergeben, dass die Anwendung nicht sicher für Mensch und Umwelt ist, wird das BVL die Zulassungen widerrufen", hieß es in einer Stellungnahme. Dann müssten die betroffenen Mittel vom Markt genommen werden.

Der Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen) geht das nicht weit genug. "Eigentlich müsste das Bundesamt für Risikobewertung eigene Untersuchungen anstellen, anstatt dies dem Hersteller zu überlassen", kritisierte die Politikerin, die den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Bundestag leitet. Höfken fordert, dass es bei der Überprüfung des Unkrautvernichtungsmittels Roundup nicht nur um Tallowamin, sondern auch den Hauptwirkstoff Glyphosat gehen sollte, der ebenfalls sehr umstritten ist.

Eine neue Studie des bekannten französischen Mikrobiologen Gilles-Eric Séralini kommt zu alarmierenden Ergebnissen. Untersucht wurden einige Varianten von Roundup, die kein Tallowamin enthalten. Er und sein Team an der französischen Universität Caen stellten fest, dass Roundup menschliche Zellen innerhalb eines Tages abtötet, selbst bei einer 100 000-fachen Verdünnung. Daraus zogen die Wissenschaftler den Schluss, dass Glyphosat Krankheiten wie Krebs, Nervenkrankheiten und Fortpflanzungsstörungen auslösen könnte. Zugleich betonten die Wissenschaftler, dass auch von Tallowamin allein Gesundheitsrisiken ausgingen.

Bei Monsanto hält man die neuen Ergebnisse Séralinis für nicht verwertbar und verweist auf eine Einschätzung der französischen Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel (AFFSA). Dort heißt es, die Studie weise Mängel im Versuchsaufbau auf, vor allem aber sei "die Methodik nicht zur Sicherheitsbewertung von Pflanzenschutzmitteln" geeignet. Kein Wunder, meint die Bundestagsabgeordnete Höfken, schließlich gehe es für Monsanto um ein Milliardengeschäft - das Mittel trägt 40 Prozent zum Konzernumsatz von elf Milliarden Dollar bei. "Seit Jahren wird alles getan, um Probleme, die in Zusammenhang mit Roundup stehen, herunterzuspielen," kritisierte die Grünen-Politikerin.

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.157, Samstag, den 11. Juli 2009 , Seite 25

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