A bisserl daneben:
Bäume fällen für das KlimaStichwörter: Diskussion Klimaschutz Waldbewirtschaftung
Die Zeit macht Arbeit. Weil sie, um es platt zu formulieren, in einem Artikel ziemlichen Quatsch abgedruckt hat. Erfunden hat der Journalist den Quatsch natürlich nicht selbst. Er ist nur der Argumentation aus der Forstecke auf den Leim gegangen. Das Argument ist: Mit mehr Holzeinschlag im Deutschen Wald kann man einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Überlegung der Argumentatoren ist u.a. das allzumenschliche Anliegen, für diese Klimaschutz'leistung' Geld zu erhalten, wenn dann der Rubel für Klimaschutz durch Waldprojekte mal rollen sollte.
Dabei wäre es nämlich genau umgekehrt: würde man den deutschen Wald in Ruhe lassen, könnte dieser in den nächsten 50 oder 100 Jahren so richtig CO2 einlagern - ganz so wie es sein allernatürlichstes Anliegen wäre, wenn ihn die Förster und Holzfäller dabei nicht immer stören würden.
Laszlo Maraz hat das in seinem Kommentar schön zusammengefasst:
Urwälder sind die besten Klimaschützer
So viel Försterlatein habe ich in einem Beitrag selten vorgefunden.
Deutschlands Forsten sind im Schnitt 60 Jahre alt, die natürlichen Buchenwälder aber würden 300 Jahre und älter werden und hätten 2-3 mal so hohe Holzvorräte. Bei Unterschutzstellung könnten die Wälder noch sehr viel Kohlenstoff speichern.
Holzverwendung ist klimaschonender als energieintensivere Baustoffe wie Aluminium, Beton, Plastik oder Stahl. Die Haltbarkeit der Holzprodukte ist aber gering und geht gegen NULL, denn wer neue Holzprodukte kauft, entsorgt die alten. Ist wie mit dem Girokonto: Wenn ich soviel ausgebe wie reinkommt, wird es nie voller.
Die Papierproduktion ist auch kein Klimaschützer. Bei der Herstellung von Zellstoff dient die Hälfte des Holzes (vor allem das Lignin) als Energielieferant für die Fabrik. Die Hälfte des Kohlenstoffes geht noch am selben Tag in die Atmosphäre und die andere Hälfte spätestens dann, wenn das Papier verbrannt wird oder verrottet.
Was tun? Die Nationale Strategie für Biodiversität des Kabinetts Merkel umsetzen und bis 2020 mindestens 5% unserer Wälder unter Totalschutz zu stellen. Hier würden große Kohlenstoffmengen zusätzlich gespeichert. Auf der übrigen Waldfläche sollte ökologischer gewirtschaftet werden und das wertvolle Holz sollte man vor allem zu langlebigen Bauwerken und Möbeln verarbeiten, anstatt zu Wegwerfprodukten wie Papier und Verpackungen. Das hilft dem Wald und dem Klima!
László Maráz
Dipl. Forstwirt
AG Wald, Forum Umwelt & Entwicklung
In unserem eigenen Kommentar zu dem Zeit-Artikel verweisen wir auf den Unsinn, Wald auf nur eine einzige Funktion zu reduzieren und ihn nicht als komplexes System zu verstehen und ihn dann ebenso vielfältig auch zu nutzen:
Es gibt keinen besseren Klimaschutz als die Verbrauchsreduktion
Wir haben 'Bäume fällen für das Klima' mehr als Beitrag verstanden, die Diskussion anzuregen und auf den Quatsch hinzuweisen, der herauskommt, wenn man Wald auf nur eine Funktion reduziert sehen will. Falls dem nicht so sein sollte, dann hat der Autor aus den Kommentaren wenigstens mehr Informations-Material zusammengetragen bekommen als in seiner Recherche vor Entstehung des Artikels.
Waldbesitzer, ob Privatwald und Staatswald bei uns oder millionenhektarweise Regenwald in den Tropen, haben immer das Anliegen, ihr Produkt im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext verwertbar zu plazieren. Da kommt der Klimazug gerade recht, auf den man neuerdings aufspringen kann.
Wald speichert CO2 und auch wenn es erwiesen ist, dass holzwirtschaftlich nicht genutzter Wald einen wesentlich größeren CO2-Speicher aufbaut, als die 'Waldbauern' derzeit diesen sich auffüllen lassen, so macht die Substitution energetisch sehr verschwenderischer Materialien wie Plastik, Alu und Stahl sowie die Verwahrung des CO2 in langlebigen Produkten Sinn. Nur was bedeutet heutzutage langlebig? Im Toilettenpapier hat der CO2-Speicher eine Halbwertszeit von wenigen Wochen, bei Billigmöbeln, wie sie landauf und landab verramscht und nach wenigen Jahren Nutzung entsorgt werden, ist die Klimaschutz-Wirksamkeit ebenso von kurzer Dauer - abgesehen davon, dass man streng genommen nur anrechnen dürfte, was eine zusätzliche Möbelanschaffung ist (denn bei einem Austausch mit alten Möbeln wird ja deren CO2 bei Verbrennung/Verrottung freigesetzt).
Welchen Unsinn der Missbrauch des Klimaschutzanliegens mit seinem verengenden Blickwinkel auf die CO2-Verschiebe-Potentiale auf Waldschutz im internationalen Kontext gebärt, das wird auf der Website www.redd-monitor.org beispielhaft dokumentiert. Treibende Kraft ist das Streben, bei uns so weiterzuwirtschaften, wie wir es kennen: energieverschwendend!
Der Artikel selbst und die viel aufschlußreicheren Kommentare in ihrer Gesamtheit können hier www.zeit.de/2009/43/U-Waldklima nachgelesen werden
Das Stehenbleiben des CO2 ist wohl ein Faktor. Der läßt sich aber in der Verwertung als CO2 angereicherte Holzkohle (bichar) in Fischer-Tropschverfahren und dessen Weiterentwicklungen bei der Entsorgung und Wiederverwertung als terra preta auch anderstweitig lösen. Den CO2 Infrarot-Messungen von Papa und mir zufolge spielt sich in der Tat die Photosynthese größtenteils in den Blättern ab (ganz wenig CO2 Aufnahme in der Baumwurzel). Diese werden im naturnah bewirtschafteten Buchenwald genauso in den Waldboden integriert wie im Urwald. Nur hat der naturnah bewirtschftete Wald den höheren CO2 Umsatz/ sprich Einlagerungsfaktor gezeigt. Diese Ergebnisse sprechen von 1948 bis 2011 signifikant für die Plenterung als beste Wirtschaftsform in Bezug auf CO2 Bindung. Ab einen Alter von ca. 150 Jahre setzt bei Buchen in sehr guten Lagen mit schnellem Wachstum das stockig-werden ein. Das entstehende Methangas wirkt klimatisch gesehen sicher kontraproduktiv und die Photosynthese sinkt nachgemessenermaßen dramatisch. Der Wald als Sparkasse und der nachfolgende Kahlschlag zeigte die schlechtesten Ergebnisse. Jene des Urwaldes in Salzburg waren aber auch nicht berauschend.
(Messung, Grundegg bei Dornbirn Vorarlberg).
Gleiche Messungen an Kastanien Verbano/Cuso/Ossola mit dem Val Grande als großes Naturschutzgebiet sprechen eher für den Urwald. Wobei dieser durch ausgeglichnere Themperaturen und weniger Wildverbiß klar bevorteilt ist. Ein Urtei würde ich jedenfalls nur abgeben, wenn ich jemand mit lokalem Hintergrund sprechen könnte und den Wald zumindest 25 Jahre lang beobachtet habe, und dann bin ich mir noch nicht sicher,