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Das Gute am Bösen: Ohne Räuber leidet das gesamte SystemStichwörter: Biodiversität Ökosystem

Ein kleiner Eingriff hier, eine Art weniger da, die Veränderungen sind so minimal, dass man sie fast nicht bemerkt. Für Otto Normalverbraucher könnte das nochmals 60 Jahre so weitergehen ... 'seine' Lebensumwelt würde sich nicht wirklich ändern. Doch Forscher unter der Leitung von James Estes haben kürzlich herausgefunden, dass die menschlichen Eingriffe in die Natur weitreichendere Folgen haben, als zuvor angenommen: wenn man die 'an sich so überflüssigen' Räuber durch Jagd aus einem Ökosystem entfernt, geht es dem System und auch der Beute nicht unbedingt besser. Im Gegenteil, das System kann sogar kollabieren.

Was mit einem Lebensraum passiert, wenn seine Bewohner an der Spitze der Nahrungskette verschwunden sind, lässt sich auf der schottischen Insel Rùm beobachten. Vor 500 Jahren wuchsen dort dichte Wälder, Wölfe fanden reiche Beute. Dann kam der Mensch und rottete den Wolf aus. Mit dem Räuber verschwanden nach und nach die Wälder, heute ist Rùm eine Graslandschaft. Die von den Forschern zusammengetragenen Beispiele sind zahlreich und sie es gibt welche für die unterschiedlichsten Ökosysteme.

Sie dokumentieren in ihrer Studie die Folgen der übertriebenen Jagd auf Haie in einem küstennahen Ökosystem, was eine Vermehrung von Rochen nach sich zog, die dann zum Zusammenbruch von Muschelpopulationen führte. Oder das Beispiel der durch Jagd dezimierten Seeotter, die weniger Seeigel fraßen, mit der Folge dass mehr Seeigel am Seetang fraßen, der zu verschwinden drohte – mit drastischen Folgen für alle Organismen in den regionalen Algenwäldern.

'Der Verlust der Tiere an der Spitze der Nahrungskette könnte deshalb der stärkste Einfluss des Menschen auf die Natur sein', folgern die Autoren. Damit stellen sie die Ansicht infrage, dass physikalische Prozesse wie der Klimawandel der entscheidende Antrieb für Veränderungen im Ökosystem seien. 'Einflüsse von unten nach oben sind fundamental, aber nicht ausreichend', so die Autoren. Anstatt jede Spezies für sich zu betrachten und die Jäger als 'ökologische Passagiere' zu sehen, die sich an der Spitze der Nahrungskette treiben lassen, fordern sie eine 'neue Perspektive in der Dynamik der Ökosysteme', also von oben nach unten.
schreibt Christoph Behrens Die Beute braucht den Jäger in der Süddeutschen Zeitung

Ohne die Wiederansiedlung der großen Räuber sei die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme nicht möglich, fordern die Forscher.

Zum Weiterlesen :

Trophic Downgrading of Planet Earth
Science 333, 301 (2011); James A. Estes, et al.
DOI: 10.1126/science.1205106

(das Paper kann von Mitgliedern bei Pro REGENWALD als pdf angefordert werden)

Kommentare

# Annie am 01.08.2011, 22:07

Im Yellowstone-Nationalpark haben Botaniker und Forstwissenschaftler ähnliche Beobachtungen gemacht und sprechen dem Wolf einen prägenden Einfluss auf das Ökosystem zu. Nachdem die Wölfe dort ausgerottet worden waren, stieg die Zahl der Wapitis, der nordamerikanischen Rothirsche. Junge Bäume wurden verbissen und Triebe hatten kaum eine Chance, was letztlich zu einem massiven Rückgang des Baumbestandes führte.
Die Wiederansiedelung der Wölfe im Yellowstone hatte aber nicht nur Auswirkungen auf die Vegetation. Die Wölfe dezimierten die Wapitis, wodurch junge Bäume wie Zitterpappeln und Weiden wieder wachsen konnten und zahlreichen Singvögeln wieder Lebensraum boten.
Der Wolf beeinflusst außerdem direkt und indirekt die Population anderer Tierarten. Zum Bespiel stellt er für die Kojoten eine direkte Konkurrenz dar, weswegen der Bestand der Kojoten um die Hälfte zurück gegangen ist. Da sich die Kojoten vorwiegend von Nagern ernähren, hatte dies einen sprunghaften Anstieg der Nagetierpopulation zur Folge. Positiver Nebeneffekt: dadurch vergrößerte sich das Nahrungsangebot für Raubvögel und Rotfüchse, die ebenfalls kleine Nagetiere jagen.
Weitere interessante Zusammnhänge erläutert Jim Robbins in „Wieder Wölfe im Yellowstone-Park“ (Spektrum der Wissenschaft, 8/2004).

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