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Nicaragua-Kanal: ESA-Präsident schreibt an Präsident OrtegaStichwörter: Großprojekte Protest Waldzerstörung

Die Ecological Society of America (ESA) ist eigenen Angaben zufolge die größte Fach-Organisation von Ökologen weltweit. Die mehr als 10.000 Mitglieder arbeiten als Wissenschaftler, Lehrer oder Ökosystem-Manager in über 90 Ländern ... und kürzlich hat nun ESA-Präsident Dr. David W. Inouye einen Brief nach Nicaragua geschickt.

Adressat war Daniel Ortega, ebenfalls Präsident ... Präsident, im Begriff sein Land zu verkaufen, wie Kritiker ihm unterstellen. Er möge die drohenden Auswirkungen des geplanten Kanalbaues auf Ökosysteme angemessen und den international üblichen Standards entsprechend berücksichtigen und mit wissenschaftlichen Experten Gespräche suchen.

Vielleicht lässt sich Ortega von diesem Appell aus dem Ausland (ebenso aus dem Ausland wie der chinesischer Partner, der sowohl die Finanzierung für das Kanal-Projekt stemmen, die Baumaßnahme durchführen als auch für 50 Jahre den Kanal bewirtschaften will) erweichen. Proteste Betroffener werden seit Monaten ignoriert oder mit harter Strafe belegt.

Wir haben den sehr diplomatisch gehaltenen Brief von ESA-Präsident Inouye übersetzt und dokumentieren ihn folgend.

Ecological Society of America (ESA)

Präsident Daniel Ortega

Botschaft von Nicaragua
1627 New Hampshire Avenue Northwest
Washington, DC 20009
23. Februar 2015

Sehr geehrter Präsident Ortega,

im Namen der Ecological Society of America (ESA), der weltweit größten Experten-Organisation von Ökologen, schreibe ich Ihnen bezüglich des Baus des Interozeanischen Kanals, der durch den Nicaragua-See führen soll, um den Pazifik mit dem Atlantik zu verbinden. Wie Sie wissen, genehmigte die nicaraguanische Kanal-Kommission, welche die nicaraguanische Regierung repräsentiert, das Kanal-Projekt und vergab einen langfristigen Vertrag (50 Jahre mit der Möglichkeit einer Verlängerung über weitere 50 Jahre) an das chinesische Unternehmen Hong Kong Nicaragua Canal Development (HKND). Obwohl die Bauarbeiten im Dezember 2014 begannen, erfolgte bis jetzt noch keine vollständige Bewertung der Umweltauswirkungen des Projekts.

Wissenschaftler des InterAmerican Network of Academies of Science sowie Biodiversitäts-, Ingenieur- und Hydrologieexperten der Nicaraguan Academy of Sciences und dem International Council for Science warnen gemeinsam, dass unbeabsichtigte nachteilige Auswirkungen des Projekts minimiert werden müssen, um ökonomischen, ökologischen und sozialen Schaden zu vermeiden.

Die ESA und die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft rufen zu einer offenen Diskussion zwischen wissenschaftlichen Experten, der HKND und der nicaraguanischen Regierung über die ökologischen Auswirkungen des Interozeanischen Kanals auf, bevor weitere Bauarbeiten durchgeführt werden.

Das Projekt soll den Bau von Straßen, Pipelines, Häfen sowie einer neuen Bahnstrecke, eines Flughafens und touristischer Infrastruktur umfassen. Leitartikel in Nature und Science, zwei der weltweit führenden wissenschaftlichen Magazine, haben über mögliche direkte und indirekte Auswirkungen des Projektes international Aufsehen erregt.

Die Umweltauswirkungen werden voraussichtlich einige Schutzgebiete des tropischen Regenwalds und der Küste beeinträchtigen. Scheinbar erfordert die aktuell geplante Route des Kanals den Bau zweier Schleusen- und Dammsysteme auf jeder Seite des Isthmus sowie die Konstruktion eines Damms und eines großen Wasserreservoirs (Lake Atlanta). Die Route verläuft 105 Kilometer durch den seichten Nicaragua-See, auch bekannt als Cocibolca-See, den größten See Mittelamerikas und den zweitgrößten tropischen See Nord- und Südamerikas. Es wird geschätzt, dass für den 500 Meter breiten und 30 Meter tiefen Kanal circa 1,2 Milliarden Tonnen Sedimente vom Seeboden entfernt werden müssen. Außerdem müssen große Mengen von Boden abgetragen werden, um den Teil des Kanals fertig zu stellen, der nicht durch den See führt. Das Ausbaggern und die Abholzung im Einzugsgebiet wird die schon jetzt stattfindende Eutrophierung des Sees womöglich beschleunigen und so das intakte Ökosystem des Sees schädigen. Diese Schädigung wird negative Auswirkungen auf die lokale Fischerei, Erholungsgebiete und -einrichtungen und die Trinkwasserqualität haben.

Vielen Dank, dass Sie die Forderung der ESA nach einer offenen Diskussion zwischen wissenschaftlichen Experten, der HKND und der nicaraguanischen Regierung über die ökologischen Auswirkungen des Kanals vor der Weiterführung der Bauarbeiten, berücksichtigen.

Hochachtungsvoll
Dr. David W. Inouye
ESA Präsident

cc: Botschafterin Phyllis M. Powers, Botschafter Francisco Obadiah Campbell Hooker, Wang Jing

Übersetzung: Pro REGENWALD, Dominique Choina, Yvonne Lesewa

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