Bedrohlicher TrendImmer mehr Tier- und Pflanzenarten bedrohtStichwörter: Artenschwund Biodiversität
Während bei uns noch darüber diskutiert wird, für deutsche Autohersteller, die für wuchtige und sprithungrige Fahrzeuge bekannt sind, die CO2-Grenzwerte weniger streng zu fassen um die Spezies 'sprithungriges Fahrzeug' ja nicht zum Aussterben zu verurteilen, werden in der Natur Entscheidungen ganz ohne Diskussion getroffen: 79 Prozent aller Primatenarten sind vom Aussterben bedroht, die Zahl der bedrohten Tierarten nimmt zu, so wie die Lebensräume dieser Arten umgekehrt abnehmen schreibt eine Forscherkommission im Fachblatt 'Science' nach fünf Jahre langer Recherche.
Dieser Trend scheint in der Wahrnehmung selbst von Umweltverbänden noch nicht ernst genommen zu werden und erst allmählich beginnt eine Diskussion darüber, ob wir nicht eine weitere Verarmung verursachen oder sie für wirtschaftliche Entwicklung bewusst in Kauf nehmen wollen - wenn man beispielsweise mit industrieller Holzwirtschaft in bis jetzt noch unerschlossene Waldgebiete vorstößt.
ROTE LISTE
Jede vierte Säugetierart ist vom Aussterben bedroht
Die dramatische Bilanz der globalen Inventur bei den Land- und Meeressäugetieren: Von 5482 Säugetierarten sind mindestens 1141 vom Aussterben bedroht. Für andere Tiergattungen und Pflanzenarten sieht es auch nicht besser aus.
Barcelona/Tempe - Es war eine fünf Jahre dauernde Fleißarbeit von 1800 Wissenschaftlern aus 130 Ländern. Nun liegt der erste umfassende Überblick über den Zustand der Land- und Meeressäugetiere seit mehr als einem Jahrzehnt vor - und der sieht kaum erfreulich aus. 25 bis 36 Prozent aller Säugetierarten sind vom Aussterben bedroht, schreibt die Forscherkommission unter der Leitung der International Union for Conservation of Nature (IUCN) im Fachblatt "Science".
Verantwortlich für den Artenschwund seien unter anderem der Verlust von Lebensräumen, die Umweltverschmutzung und die Jagd auf bedrohte Tierarten. Mindestens 1141 von 5487 Säugetierarten auf der Erde sind vom Aussterben bedroht, ergab die Untersuchung. Die Zahl der tatsächlich bedrohten Spezies könne sogar noch höher sein, da zu rund 840 weiteren Säugetierarten nicht genügend Informationen vorlägen. Es sei möglich, "dass bis zu 36 Prozent aller Arten von Säugetieren bedroht sind", betonte der IUCN-Artenschutzexperte Jan Schipper.
188 Arten gelten als "stark bedroht". Zu ihnen zählt etwa der Iberische Luchs, von dem nur noch 84 bis 143 erwachsene Exemplare leben. Zugleich erstellte das Wissenschaftlerkomitee eine Rote Liste der gefährdeten Arten, auf der 29 Spezies als "stark gefährdet und möglicherweise ausgestorben" und 450 Arten als "gefährdet" gelistet werden, darunter der Tasmanische Teufel und das in Tansania lebende Rüsselhündchen.
Mehr als ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten bedroht
Von einigen Arten wissen die Experten nicht einmal, ob es sie überhaupt noch gibt oder ob sie schon ausgestorben sind. Dazu gehört die Wildrinderart der Koupreys in den Tropen Südostasiens und die Nagetierart der San-Felipe-Hutia auf Kuba. Beide wurden nach Angaben des IUCN-Experten Michael Hoffmann zuletzt vor etwa 40 Jahren gesichtet. Auch der Chinesische Flussdelfin, von dem man zuletzt 2002 ein Exemplar beobachtete, ist möglicherweise bereits ausgestorben.
Von anderen Säugetierarten gibt es weltweit nur noch ein paar Dutzend Exemplare. Auf der Insel Hainan im südchinesischen Meer leben die letzten 20 - in der Wildnis vorkommenden - Hainan-Schopfgibbons, auf Vancouver Island in Kanada die letzten 35 Vancouver-Murmeltiere und im Westen Australiens die letzten 30 bis 40 Gilbert-Kaninchenkängurus.
"Säugetiere sind deshalb so wichtig, weil sie in Ökosystemen oft eine Schlüsselrolle spielen", sagt Andrew Smith von der Arizona State University in Tempe, einer der Hauptautoren der Studie. "Wenn ein Säugetier ausstirbt, sind oft auch viele andere Tierarten gefährdet."
Die IUCN legte am Montag auf dem Weltnaturschutzkongress in Barcelona auch die Rote Liste für das gesamte Tier- und Pflanzenreich vor. Auch hier sind demnach mehr als ein Drittel aller Spezies vom Aussterben bedroht. Über 16.900 der insgesamt 44.800 untersuchten Arten seien in Gefahr - 1300 mehr als vor einem Jahr.
Düstere Zukunft für Primaten in Asien
IUCN-Generaldirektorin Julia Marton-Lefevre betonte, dass "noch zu unseren Lebzeiten" Hunderte von Säugetieren für immer verschwinden könnten - "und das als Ergebnis unserer eigenen Handlungen". Deshalb müssten jetzt klare Strategien entwickelt werden, um den Artenschwund aufzuhalten, schreiben die Autoren des "Science"-Artikels. Die IUCN hatte zuletzt 1996 eine umfassende Studie über den Zustand der Säugetiere durchgeführt. Doch noch immer, so die Fachleute, sei das Wissen über die Säuger erstaunlich lückenhaft.
So müssten etwa Schutzgebiete für besonders gefährdete Arten eingerichtet werden. Der Verlust von Lebensräumen sei in Zentral- und Südamerika, Süd- und Südostasien, Afrika und Madagaskar sehr groß. In Süd- und Südostasien stünden Meeres- und Landsäugetiere vor einer "besonders düsteren Zukunft", so die IUCN. So seien dort beispielsweise 79 Prozent aller Primatenarten vom Aussterben bedroht. Die Situation könnte sich bedeutend verbessern, wenn der Handel mit gefährdeten Arten eingedämmt würde, betont Biologe Smith.
In Deutschland gelten vier der rund hundert hier vorkommenden Säugetierarten als bedroht. Nach Angaben des IUCN-Experten Michael Hoffmann sind dies der Finnwal, der Atlantische Nordkaper, der Europäische Nerz und der Europäische Ziesel. Zwei Arten gelten in Deutschland als ausgestorben, und zwar das Wildpferd und die Bayerische Kurzohrmaus.
Schon Anfang August hatten Forscher vor einem dramatischen Artensterben bei den Primaten, den nächsten Verwandten des Menschen im Tierreich, gewarnt: Fast jede zweite Affenart sei vom Aussterben bedroht. In anderen Teilbereichen des Tierreichs sieht es kaum besser aus. Im Juli wurde bekannt, dass sich der Artenschwund unter den Korallen dramatisch beschleunigt hat. Im Mai gab es ähnliche Warnungen in Bezug auf Vögel. Den Fröschen, so warnten Forscher im Februar, drohe gar die vollständige Vernichtung.
Immerhin ist es durch Naturschutzprojekte auch gelungen, einige nahezu ausgestorbene Tierarten erfolgreich wieder einzuführen. So wurden der Schwarzfuß-Iltis in den USA und das mongolische Wildpferd in der Mongolei nach Aufzucht in Gefangenschaft erfolgreich wieder in der freien Natur ausgesetzt.
mbe/ddp/dpa
Quelle: spiegel.de
"Der Verlust von Lebensräumen, die Umweltverschmutzung und die Jagd auf bedrohte Tierarten": All das ist ja verursacht durch die krankhaft überhöhten Ansprüche an den Lebensraum und die krankhaft überhöhten Bevölkerungszahlen. Für den Zusammenhang zwischen Aussterberaten von Säugetieren und Einwohnerzahlen in 14 europäischen Ländern hat sich ein Korrelationskoeffizient von über 80% ergeben (100% ist der theoretisch mögliche Maximalwert)! Weshalb hat nicht einmal diese hohe Signifikanz die Umweltverbände wachgerüttelt???
Oben im Text heißt es so richtig: "Dieser Trend scheint in der Wahrnehmung selbst von Umweltverbänden noch nicht ernst genommen zu werden." Wie wahr! Dieses Verschweigen der Fakten ist durch nichts zu rechtfertigen, es ist verantwortungslos, mörderisch und selbstmörderisch. Unsere Species muss ihre überzogenen Ansprüche drastisch zurückfahren, ebenso muss sie ihre tödlich überhöhte Exemplarzahl den Grenzen der ökologischen Dauertragfähigkeit anpassen.
Hubert Markl - früherer Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft - und andere haben als Maximalzahl der Menbschen, die die Erde auf Dauer tragen kann, 2 Milliarden angegeben. Naturschutzverbände, die die Fakten verschlafen, können nicht mehr ernst genommen werden.