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Wasserkraftwerk Belo Monte
Aufbruch mit längst überholten Ideen
Stichwörter: Brasilien Entwicklung Protest Waldzerstörung

Brasilien will 500 Quadratkilometer Regenwald überschwemmen und mit Belo Monte am Amazonasnebenfluss Xingu das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk bauen. 11.000 Megawatt soll die Leistung des Kraftwerks in guten Betriebszeiten betragen, das ist soviel wie 8 Atomreaktoren vom Typ Isar 2/Ohu oder etwa 15 Kohlekraftwerke.

Gute Betriebszeiten werden rar sein, argumentieren Umweltschützer, die über die Genehmigung des Projektes entsetzt sind. Saisonale Schwankungen des Wasserstandes würden den Betrieb erheblich beeinträchtigen und den Bau weiterer Stauseen am Oberlauf erfordern. Und das Klimaschutzargumente der Regierung, mit dem für den Großstausee (ungefähr so groß wie der Bodensee) geworben wird, sei unglaubwürdig: Bei der Überschwemmung von Waldflächen entsteht durch Fäulnis der Biomasse das hochwirksame Treibhausgas Methan ... und das umso mehr, je größer die Fläche überschwemmten Regenwaldes ist.

Gut 20.000 Menschen müssten umgesiedelt werden, verständlich dass insbesondere die betroffenen Indianer, deren Lebensweise vom natürlichen Flusslauf geprägt ist, auf's heftigste protestieren.

Wie häufig bei solchen Projekten, gibt es auch Gewinner bei dem Vorhaben - doch die leben nicht in der betroffenen Region. Europäische Unternehmen wie die Konzerne Voith Hydro, Siemens oder Andritz sind schon im Wettbewerb darum, wer Turbinen und Stromtechnik liefern darf. Die verantwortlichen Politiker freuen sich auf die zu erwartenden Parteispenden, die bei solchen Geschäften üblich sind. Und nicht zuletzt profitieren die Industriestaaten, für deren aus Klimaschutzgründen ausgelagerten energieintensiven Produktionen von Aluminium, Stahl und Zellstoff Belo Monte künftig Strom liefern soll.

Nach Ansicht der Kritiker ist das Vorhaben ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Es sei weder demokratisch und angemessen partizipativ geplant und entschieden, noch würde man in modernen Energiekonzepten auf anfällige Monsterkraftwerke setzen, deren soziale und ökologische Auswirkungen niemand im voraus abschätzen könne. Die energetische Zukunft liege in Wind- und Solarenergie sowie in einer angepassten Form der Wasserkraftnutzung.

Selbst die brasilianische Regierung hatte dies letztes Jahr noch im Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes so vorgesehen: die staatliche Förderung der Wasserkraft sollte sich künftig auf kleine, umweltfreundliche Staudämme konzentrieren. Gegen diese Neuausrichtung legte Präsident Lula jedoch sein Veto ein, bevor er das Gesetz Ende Dezember in Kraft setzte.



Zum Weiterlesen:
Ein Beitrag zu Belo Monte von Ende November With a little help from a singer - Sting unterstützt brasilianische Indianer wieder gegen Staudammprojekt

Aktuelle deutschsprachige Informationen über die Kampagne gegen Belo Monte gibt es auf der Plattform Belo Monte





Lulas Monster
Süddeutsche Zeitung, Peter Burghardt

Brasiliens Umweltbehörden stimmen für den Bau eines riesigen Wasserkraftwerks im Amazonas-Gebiet - Ureinwohner und Naturschützer sind entsetzt

Auch Sting erhob noch einmal seine raue Stimme gegen das Monstrum, das nun ganz Amazonien verändern wird. Ende November in São Paulo protestierte der britische Sänger gemeinsam mit dem indigenen Aktivisten Raoni Metyktire, dessen Unterlippe sich um einen Teller spannt. Das Mitglied des Stamms der Kayapã fand deutliche Worte. "Dieser Staudamm kann mein Volk verletzen, die Erde meines Volkes", sagte der mit gelben Federn geschmückte Raoni. Andere kämpfen noch hartnäckiger gegen das Wasserkraftwerk Belo Monte am Rio Xingu, vorneweg der österreichische Bischof Erwin Kräutler aus Altamira. Er sieht darin "ein größenwahnsinniges Todesprojekt". Doch es sieht so aus, als werde das Monstrum trotz aller Proteste gebaut.

Vor einigen Tagen stimmte Brasiliens Umweltbehörde Ibama nach monatelangem Zögern dem gewaltigen Vorhaben zu. Nun soll mitten im Regenwald tatsächlich jene Energiefabrik wachsen, um die seit mehr als zwei Jahrzehnten gestritten wird. Belo Monte fällt demnach zwar etwas kleiner aus als ursprünglich geplant, wäre aber mit 11 000 Megawatt immer noch die drittgrößte Staustufe der Welt. Nur der Dreischluchten-Damm in China mit 18 000 Megawatt und das brasilianisch-paraguayische Itaipú mit 14 000 Megawatt sind noch mächtiger. 500 Quadratkilometer Urwald sollen am Amazonas-Nebenarm Xingu im Bundesstaat Pará geflutet und Zehntausende Anwohner umgesiedelt werden. Das Volumen der Aushebungen erreicht Dimensionen des Panama-Kanals. Mindestens zehn Milliarden Dollar wird das kosten. Die Debatte rüttelt an den Grundfesten der Nation.

Wieder einmal treten Fortschrittsprediger und Umweltschützer gegeneinander an. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gehört eher zur ersten Fraktion. Zum Abschluss seiner Ende 2010 auslaufenden Ära dürften in der Wildnis die Baumaschinen anrücken. Unter seiner Führung wurde das Brasilien zum Star der aufstrebenden Schwellen-Staaten. Der frühere Dreher und Gewerkschaftsführer Lula wird weltweit geachtet als der Mann, der Hightech und Armut vereint. Naturfreunde indes sind wenig begeistert von seiner Bilanz. Sein Entwicklungsprogramm nennt sich abgekürzt PAC, es soll dem Flächenstaat stabile Wachstumsraten bescheren und zur fünftgrößten Industriemacht des Planeten machen. Doch dafür braucht es viel Strom, geschätzt zusätzliche 27 000 Megawatt bis 2017. Dass das nicht leicht wird, ahnen Brasilianer spätestens seit im vergangenen Herbst 60 Millionen von ihnen stundenlang im Dunkeln saßen.

Die Regierung sieht im wichtigsten Süßwasserreservoir des Globus mächtige Energiequellen. Also stehen - neben weiteren Atomkraftwerken - vor allem Wasserkraftwerke auf der Agenda. Sie liefern bereits heute 90 Prozent des nationalen Energiebedarfs. Viel Potenzial liegt aber noch im gewaltigen Gebiet des Amazonas.

Der Umweltminister Carlos Minc verkündet zwar, Belo Monte werde gestützt durch "die strengste Umweltlizenz der Geschichte". Der Vorschlag passe zu Brasiliens Vorstoß gegen den Klimawandel, mit dem Lula in Kopenhagen warb. 800 Millionen Dollar müssen Investoren in Belo Monte für den Schutz der Umgebung sowie für Schulen und Kliniken ausgeben, so die Auflagen. 18 000 direkte und 80 000 indirekte Arbeitsplätze würden geschaffen. Die Folgen für Flora und Fauna seien "ausgewogen, analysiert und reduziert", sagt Minc. Das jedoch bezweifeln Ökologen und Einheimische. Zu den Kritikern zählt auch Mincs Vorgängerin Marina Silva, die Lulas Mannschaft 2008 frustriert verließ und bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober für die Grünen antritt. Der mutige Kirchenmann Erwin Kräutler aus Voralberg setzt sich in Altamira am Rio Xingu seit 40 Jahren für die Umwelt und die gegängelte indianische Bevölkerung ein, trotz Mordanschlägen und Drohungen. Lulas Kabinett habe so autoritär und arrogant entschieden wie einst die Militärjunta bei Itaipú, klagt er. Niemand könne die Konsequenzen für Menschen und Natur vorhersehen.

Gegner von Belo Monte verweisen außerdem darauf, dass das Wasser an vier Monaten im Jahr zu tief stehe und der Aufwand fragwürdig sei. Und an den Umweltstudien hätten Unternehmen mitgewirkt, die sich selbst um den Auftrag bewerben. Von der üblichen Politkorruption ist die Rede. Obendrein erzeuge Belo Monte in den ersten zehn Jahren mehr Treibhausgas als Sao Paulo, hat der Klimaforscher Philip Fearnside aus Manaus errechnet. Die Staatsanwaltschaft in Parás Hauptstadt Belém legte Einspruch gegen die Zerstörung des Dschungels ein. Und ein Anführer der Kayapã-Indianer kündigt Gegenwehr an: "Wir werden unseren Fluss verteidigen."

Brasilia dagegen hat es eilig. Ende März soll die Ausschreibung entschieden sein und bald begonnen werden. So wie beim ebenfalls umstrittenen Jirau-Staudamm am Rio Madeiro, wo der französische Konzern GDF Suez mitbaut. Die Franzosen wurden deshalb für den Schweizer Public Eye Award für besonders rücksichtslose Geschäftspraktiken nominiert. Belo Monte soll ab 2015 Strom aus den Tiefen Amazoniens liefern, rechtzeitig vor Olympia 2016 in Rio.

PETER BURGHARDT
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.35, Freitag, den 12. Februar 2010

Kommentare

# StopptBeloMonte am 11.03.2010, 15:49

Auf der Seite der Gesellschaft für bedrohte Völker kann man bei einer online-Unterschriftenaktion gegen den Staudamm mitmachen. Mehr dazu unter

http://www.gfbv.de/unterschrlis.php?id=14&stayInsideTree=1

Jede Stimme zählt !!!

# Maxim am 27.05.2010, 21:05

schon heftig was da abgeht... wegen sowas gehn das klima bald baden...

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