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Du Europäer musst Dein Leben ändern ...
Stichwörter: Entwicklung Erdöl Footprint Lebenswandel

Für manche ist Rupert Neudeck der aufrechte Kämpfer für mehr Menschlichkeit während andere ihn als ein an postseniler Selbstüberschätzung leidendes altes Männlein sehen, das alles nur tut, 'um sich in Szene zu setzen'.

Diese Diskussion wollen wir hier nicht aufgreifen und weiterspinnen. Rupert Neudeck hat aber erst kürzlich eine Rezension über Vandana Shivas neues Buch "Leben ohne Erdöl - Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben" geschrieben, die wir ohne weiteren Kommentar hier posten wollen.

Das Buch kann auch in unserem Shop bestellt werden



Buch-Tipp

Du Europäer musst Dein Leben ändern, damit die Inder unsere Geschwister werden

Es wirkt fast wie die Aufforderung zu einer neuen Religion, einmal weil die indische Autorin sehr verliebt in unsere Mutter Erde ist, die sie nach der alten Göttin Gaja nennt. Aber auch weil sie ein Rousseau-Gefühl des vernünftigen - nicht romantischen - "Zurück zur Natur" predigt und gutheißt. Zu einem neuen Buch von Vandana Shiva

von Rupert Neudeck Es ist diese Streitschrift die stärkste Attacke auf die Anschläge, die die vernetzte Internationale der Heuschrecken auf den Planeten ausübt, ohne bisher eigentlich richtig daran gehindert zu sein. Deshalb kommt uns dieses Buch jetzt gerade so recht, weil in den weltweiten (Wahl-)Kämpfen um Klimagerechtigkeit, dem weltumspannenden Kampf gegen die Armut und den Hunger, dem Kampf um weiteres unbedingtes Wachstum die Schonung der Erde und unsere eigene Beteiligung zu kurz kommen. Das Buch kann man auch lesen als eine schonungslose Kritik an unserer Politik der Abwrackprämie. Alle Welt hatte sich in den letzten Jahren das Modewort "Nachhaltigkeit" als dogmatisch-politische Richtschnur gewählt. Alle Welt hatte sich das Modewort als Label auf die Stirn oder den Samsonite geklebt, aber wird jemand danach handeln? Wo waren die Bemühungen um Nachhaltigkeit bei der Verabschiedung der Abwrackprämie? Sie waren vergessen, weggeschoben, beiseite gewischt. Vandana Shiva macht uns klar: Wir müssen weniger Autos fahren und weniger Autos haben. Seit 1997 suchen die westlichen Autoproduzenten in Indien und in China "begeisterte Autokäufer" und sie suchen einen "Markt für Autoproduktion und Export". Da wagt die indische Autorin etwas gegen das Auto, der Westler liebstes und heiliges Statussymbol zu sagen, was geradezu in den Augen unserer Politiker für ein Sakrileg gilt. Das Auto habe Indien ernsthaft entzweit. Die Straßen seien nicht mehr fußgängerfreundlich. Wegen Parkplätzen sind Nachbarn zu Feinden geworden. Das ländliche Indien sei wegen Enteignungen zugunsten von Fabriken und Straßen zerstückelt worden. Diese Krise sei in Indien nicht hausgemacht, schreibt die mutige Autorin. Sie wurde "Indien von der globalen Autoindustrie aufgebürdet, die so ihre Märkte und Profite vergrößern wollte. Ausgelagerte Dienstleistungen, sogenannte BOPs, das heißt Business Process Outsourcing Centers, hätten in Indien explosionsartig zugenommen." Die Autorin bemerkt, dass es zwei Statussymbole des alten Indien von Mahatma Gandhi nicht mehr gibt: Die heilige Kuh ist von der Straße vertrieben, um Autos Platz zu machen. Doch symbolisierte die Kuh eine "biologisch vielfältige Kultur und eine lebendige Wirtschaft". Der Ficusbaum war eine andere "heiliggehaltene Spezies der biologisch vielfältigen Kultur". Überall wurden diese Ficusbäume an den Straßen entlang gebaut. Wenn Straßen verbreitert wurden, wurden sie um die Bäume herumgeführt. "Heute werden Millionen von Ficusbäumen kurzerhand dem Straßenbau geopfert." Es gebe heute zwei Strategien für das Erreichen der Gleichberechtigung zwischen allen Teilen der Menschheit: Die eine Strategie hält weiter Überkonsum und die Verschwendung unserer reichen Industrieländer für den Maßstab der Entwicklung auch der under-developed countries. Das Ziel sei dann erreicht, wenn alle 7 oder später 9 Milliarden Menschen auf diesem "hohen Niveau des Energie und Ressourcenverbrauchs" angekommen wären. Doch dafür bräuchte man nicht einen, sondern fünf Planeten. Das andere Paradigma sei das ökologische, das uns gebieterisch anweist: was für Gaia, die Erde also, schädlich sei, ist "auch schädlich für die Armen und für unsere Zukunft". Überall entdeckt die 1950 geborene Physikerin Firmen, die die einheimische Bevölkerung entwurzeln wollen, die das Leben in den Wäldern oder auch im ländlichen Raum für würdelos halten. Wir müssen nach diesem Manifest umschalten, den Kopf herumdrehen. Dass 60 Prozent aller Menschen in Indien immer noch auf dem Land und vom Land leben, sei nicht ein Zeichen für Rückständigkeit, sondern "Folge einer bewussten und aufgeklärten Politik". Im Zeichen von Klimaveränderung, Peak Oil und dem Ende der billigen fossilen Treibstoffe reden viele Menschen im Westen, wie sie beobachtet hat, ja von einer "Re-Ruralisierung", einer Rückkehr aufs Land. Immer noch könne Indien die Welt anführen auf dem Weg zu einer Nach-Erdöl-Zukunft mit niedrigem CO2-Ausstoß, "gerade weil es noch eine weitgehend ländliche Wirtschaft mit vielen Kleinbauern hat". Aber die Führungsschicht wird von den Heuschrecken schon besoffen gemacht. Sie zitiert in Ihrem Buch den Obersten Minister von Westbengalen, Buddhadeb Bhattacharya: "Dass 63 % der Bevölkerung weiter von der Landwirtschaft abhängig sind, ist ein Zeichen für Rückständigkeit." Man solle auch nicht zufrieden sein, mit "nur 62 Prozent" Landwirtschaftsland und 24 Prozent Industrie und Städten. "Von der Landwirtschaft zur Industrie, von den Dörfern zur Stadt - das ist der Weg zur Zivilisation." Es gehe um Nahrungssicherheit. Überall befinden sich Öko-Kleinbauern in der Verteidigung ihrer selbstbestimmten Bodenbehandlung. Überall soll die Landwirtschaft industrialisiert und chemisch und gentechnisch behandelt werden. Dann aber treiben die hohen Preise für Saatgut und Kunstdünger die Kosten nach oben. Der liberalisierte Handel drückt auf die Preise für die Erzeugnisse. Es gibt aber Alternativen, die die Autorin, die auch Praktikerin ist mit ihrer Vereinigung Navdanya (wörtlich: "Neun Samen"), erreicht hat. Durch eine selbstbestimmten Nutzung von Saatgut und durch ökologische Anbaumethoden lassen sich die Erträge erhöhen. Sie killt selbstbewusst den Mythos von der sauberen Atomenergie. Die Uran-Aufbereitungsrückstände enthalten mehr als ein Dutzend radioaktiver Stoffe. Wenn diese Rückstände an der Erdoberfläche bleiben, dann können sie vom Wind in weit entfernte Pflanzungen getragen werden. So fände auch radioaktives Material seinen Weg in die Nahrungskette. Auch den zweiten Mythos bekämpft die Autorin: Atomenergie sei billig. In den USA koste eine Einheit Atomenergie 0,067 Dollar, für Kohlenergie hat man 0,042 US-Dollar gezahlt. Für Erdgas 0,038 US-Dollar. Sie beschreibt den hybriden Versuch, durch Geo-Engeneering der Stratosphäre der Wirtschaft weiter zu erlauben, im heiligen Dienst des Profits die Atmosphäre zu verschmutzen. In der Ära von George W. Bush wurde "die Modifizierung der Sonneneinstrahlung" als wichtige Maßnahme angesichts der Klimakatastrophe beschrieben. Man schlug vor, winzige sulfathaltige Aerosole zu versprühen, die das Sonnenlicht zurückspiegeln und so die Atmosphäre kühlen. Danach würden höhenlufttaugliche Ballone und Geschosse das Schwefeldioxid in die Atmosphäre bringen. Dort würde sich das Schwefeldioxid in Sulfatteilchen umwandeln. Das alles würde im Jahr 50 Milliarden US-Dollar kosten. Vandana Shiva: "Jeder vernünftige Mensch hält das Basteln am Klima für unverantwortlich. Doch nicht die zuständigen US-Wissenschaftler." Die schlagen auch die "Installation von Billionen von Spiegeln vor, jeder mit 60 cm Durchmesser, um das Sonnenlicht abzugrenzen." Sie kritisiert mit unabweisbarer Logik die hanebüchene Politik unseres Emissionshandels, die die Verschmutzer belohnt, indem ihnen Emissionsgutschriften zugeteilt werden. Diese Zertifikate erlauben es ihnen, ihre Emissionen zu erhöhen statt sie zu reduzieren. Globalisierung sei die Ausdehnung der Ressourcen verschleißenden Industrialisierung auf die übrige Welt. Globalisierung zwinge der Welt - sie benutzt das Unwort, weil es so sprechend ist - "Nichtnachhaltigkeit" auf. Die Akteure seien nicht die einzelnen Bürgerinnen und Bürger. Es seien die globalen Unternehmen, die ihre Produktionsabteilungen dahin verschieben, wo sie mit den niedrigsten Kosten die höchsten Profite erzielen. Manchmal denke ich, wenn ich die letzten Lehrschreiben des Papstes lese: Warum die Kirche - die beiden christlichen Kirchen - nicht begreifen, dass sie in dieser ökologischen Bewegung ihre entscheidenden Verbündeten haben. Würden die Kirchen das begriffen haben, wären nicht schon wieder 120.000 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Die Folgerungen, die die indische Autorin zieht, sind für uns gewöhnungsbedürftig, aber unabweisbar: 1998 wurden in Indien die einheimischen Speiseöle verboten. Grund: "Nahrungssicherheit" - !?. Gleichzeitig wurden die Importbeschränkungen für Sojaöl aufgehoben. Das gefährdete die Existenz von 10 Millionen Bauern. Eine Million dörfliche Ölpressen wurden geschlossen. Soja führte zu einem Preisverfall für die einheimischen Ölernten. 20 Bauern wurden bei Demonstrationen getötet. Millionen Tonnen genetisch manipuliertes und künstlich verbilligtes Sojaöl werde weiter nach Indien eingeführt. Dieselben Heuschrecken - Cargill zum Beispiel - zerstören den Amazonas, um Soja anzubauen. Millionen Hektar Regenwald werden abgebrannt, um Soja für den Export anzubauen. Deshalb sind Menschen in Brasilien und Indien durch diese Monokulturen des Agrobusiness bedroht. Aber auch wir in Europa. 80 Prozent der Sojaernten werden als Viehfutter gebraucht, um billiges Fleisch zu produzieren. Shiva: "Billiges Fleisch, das am Ende beides zerstört: den Regenwald am Amazonas und die Gesundheit der Menschen in den reichen Ländern." Eine Milliarde Menschen, so Vandana Shiva, sei ohne Nahrung, weil die Monokulturen diesen Menschen ihre Existenzgrundlage in ihrer eigenen Landwirtschaft geraubt haben. Und 1,7 Milliarden Menschen leiden an Fettleibigkeit und nahrungsbedingten Krankheiten. Wann werden wir aus diesem Irrsinn herausspringen und ein viel natürlicheres und schönes Leben beginnen? Man muss das Buch von Vandana Shiva lesen, um zu begreifen, wie das gehen kann. -- Quelle: Rupert Neudeck 2009 | [www.gruenhelme.de](http://www.gruenhelme.de)



Vandana Shiva, "Leben ohne Erdöl - Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben" kann man in unserem Shop bestellen und unter alle möglichen Weihnachtsbäume legen.

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