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Mit Schlägertrupps und gefälschten Gutachten gegen Wald und Leute
Kampf um Moskaus 'grüne Lunge' eskaliert
Stichwörter: Protest Aktion Entwicklung Waldzerstörung

In Moskau geht es zur Zeit recht heiss her. Von Osten her dringen Rauchschwaden aus brennenden Wäldern und Torfböden in das Zentrum und machen nach wochenlanger Hitzeperiode das Atmen zur Qual. Und im Wald auf der anderen Seite der Stadt, ihre 'grüne Lunge', soll eine 1.000 Hektar große Schneise für den Bau der 18-spurigen Autobahn nach St Petersburg geschlagen werden.

Über die lange als Geheimprojekt geplante menschengemachte Waldzerstörung für den Autobahnbau sind die Menschen besonders aufgebracht. Sie informieren sich, sie protestieren - und sie spüren die heftige Reaktion der Betreiber des Projektes nicht selten am eigenen Körper. Einer der ersten war der Macher der Lokalzeitung "Chimkinsker Prawda", Michail Beketow. Er hat in seinem Blatt mutig über das Projekt geschrieben und die Anwohner erstmals über das Vorhaben in Kenntnis gesetzt. Ende 2008 wurde er fast totgeprügelt - siehe den folgenden ZAPP-Beitrag.




Im Juli ist es nun zu ersten Protestaktionen gegen die begonnenen Rodungsarbeiten gekommen. AktivistInnen, die sich einer enorm großen Gefahr aussetzen, haben im Wald ein Camp errichtet und versuchen die Maschinen zu blockieren. Wenige Tage später kam es zu einer Demo in der Stadt, die offensichtlich von Provokateuren inszeniert war um die Aktivisten im Wald und ihr Anliegen zu diskreditieren.

Und fast zeitgleich soll es zu einem überfallartigen 'Besuch' von Störern im Camp gekommen sein, die dortige Aktivisten bedroht haben, wie den Meldungen der letzten Tage zu entnehmen ist.






Angriff auf russische Umweltschützer
"Wir kommen, um zu töten"
Von Benjamin Bidder, Moskau

Willkommen in Russlands Realität: Im Morgengrauen haben rund hundert vermummte Schläger ein Camp von Umweltaktivisten bei Moskau überfallen, sie trampelten Zelte nieder, verletzen viele Naturschützer. Dann griff die Miliz ein - und verhaftete die Opfer.

Die Angreifer überraschten die Umweltschützer im Morgengrauen: Um fünf Uhr am Freitagmorgen attackierten mehrere Trupps Vermummter ein Zeltlager, dass Öko-Aktivisten unweit der Moskauer Stadtgrenze aufgeschlagen hatten. Die insgesamt hundert Angreifer verhüllten ihre Gesichter mit Tüchern und schwarzen Sturmhauben, sie riefen: "Wir sind gekommen, um aufzuräumen und zu töten."

Dann griffen sie die Umweltschützer an, trampelten deren Zelte nieder und verletzten mehrere der Aktivisten.

Notrufe bei der Polizei blieben zunächst ungehört. Später schickte die Miliz 40 Mann der Sondereinheit Omon, die jedoch nicht die Angreifer verhafteten, sondern die Umweltschützer sowie mehrere Journalisten. Nach Angaben von Radio Swoboda wurden bei den ruppigen Festnahmen mehrere Personen leicht verletzt.

Seit mehr als drei Jahren widersetzen sich die Waldschützer Plänen der russischen Zentralregierung und der örtlichen Verwaltung, eine Schneise durch den Wald von Chimki zu schlagen. Er gilt ihnen als "grüne Lunge" Moskaus, als ein beliebtes Naherholungsgebiet. Eine neue Schnellstraße soll mitten durch das Gelände gebaut werden, und Moskau mit dem rund 700 Kilometer entfernten St. Petersburg verbinden.

Barrikaden gegen Bulldozer

Die Gegner des Projekts halten den Bau der Trasse für gesetzeswidrig, es gebe andere Möglichkeiten für die Trassenführung. Jüngst billigten Gerichte gleichwohl den Straßenbau bei Chimki, allerdings in stark reduzierter Form: Ursprünglich sollte eine drei Kilometer breite Schneise durch den Wald geschlagen werden, angeblich für notwendige Infrastruktur längs der Fahrbahn. Jetzt ist nur noch von einem 300 Meter breiten Streifen die Rede, doch die Umweltschützer vertrauen den offiziellen Bekundungen nicht.

Seit einer Woche eskaliert der Konflikt im Wald. Bulldozer wurden zusammengezogen, die Aktivisten besetzten daraufhin das betroffene Waldstück, schlugen dort ihr Zeltlager auf, errichteten Barrikaden - und verhinderten so die Fällarbeiten.

Am Donnerstag rückten sie dann sogar Premierminister Wladimir Putin auf den Leib. 50 Aktivisten marschierten vor das "Weiße Haus" an der Moskwa, den Sitz der russischen Regierung. Medienwirksam schleppten sie Baumstämme mit sich - "Brennholz aus Chimki" - dass sie zusammen mit einer Petition Putin übergeben wollten.

Am Abend kam es zu einem ersten Zwischenfall: Rund zehn Unbekannte versuchten, sich Zugang zu dem Zeltlager bei Chimki zu verschaffen. Bereits Ende der vergangenen Woche war die Vorsitzende der "Bewegung zum Schutz des Chimki-Walds", Jewgenija Tschirikowa, angegriffen und mit einem Auto angefahren worden. Tschirikowa wurde nicht verletzt.

Quelle: www.spiegel.de, 23. Juli 2010,

Bizarrer Kampf um Moskaus "grüne Lunge"
Lage in Chimki eskaliert erneut

Das Wäldchen von Chimki soll gerodet werden, damit Platz für eine Autobahn ist. Wenn das passiert, so befürchten die Moskauer, wird die Luft in der Haupstadt noch schlechter.

Sogar Blut ist schon geflossen im Kampf um den Wald von Chimki vor den Toren Moskaus. Wegen seiner kritischen Berichte über Baumrodungen für eine neue Autobahn wurde etwa der Chef der Lokalzeitung "Chimkinsker Prawda", Michail Beketow, Ende 2008 fast totgeprügelt. Er ist heute Invalide. In diesen heißen Juli-Tagen - wo die schwersten Waldbrände seit Jahrzehnten in Russland wüten - ist die Lage erneut eskaliert. Erst stürmten Schlägertrupps, die nationalistische Parolen grölten, ein Lager von Umweltschützern. Dann beschossen maskierte Linksextreme mit Rauchbomben und Gummigeschossen die Verwaltung von Chimki. "Rettet den russischen Wald", riefen sie.

Nur selten erhitzt ein Thema die russische Öffentlichkeit so. Es geht um einen Wald mit Eichen, die Hunderte von Jahren alt sind. Die Bäume sollen weichen, damit hier eine Autobahn von Moskau nach St. Petersburg gebaut werden kann. 7 Hektar sind schon gerodet - von 1000 insgesamt. Es geht auch um etwa sechs Milliarden Euro für das Projekt. Doch immer wieder stoppen die beispiellosen Proteste die Arbeiten. Der Wald ist Teil der wichtigen "grünen Lunge" für die mehr als zehn Millionen Menschen in der Hauptstadt Moskau.

Engagement stößt an seine Grenzen

Wie so oft bei Fragen von nationalem Interesse, sehen die kritischen Medien die Fäden bei einem Mann zusammenlaufen: Regierungschef Wladimir Putin. Aus Protest gegen das Abholzen luden Umweltschützer auch vor Putins Regierungssitz Baumstämme ab. Putin-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass sein Chef die Vorgänge um Chimki genau verfolge.

"Das endgültige Todesurteil für den Wald wurde mit einem Erlass Putins 2009 unterzeichnet, hier eine Schnellstraße von Moskau nach St. Petersburg bauen zu lassen", sagt Jewgenija Tschirikowa von der Bürgerinitiative "Bewegung für den Schutz des Waldes von Chimki". Mit ihren Dutzenden Mitstreitern muss Tschirikowa aber derzeit immer wieder erleben, wie schnell zivilgesellschaftliches Engagement in Russland an seine Grenzen stößt.

Sie und die anderen Waldschützer, aber auch Journalisten fanden sich schon mehrfach in Polizeigewahrsam wieder. Einigen Aktivisten drohen Anklagen nach den gefürchteten Extremismus-Gesetzen. Dabei zweifeln sie in friedlichen Protesten - aber seit Jahren mit Nachdruck und wachsender Anhängerschaft - lediglich an, dass die Bäume wirklich nach Recht und Ordnung gerodet werden. Auch seien etwa andere Varianten einer Trassenführung nicht ausgelotet worden.

Gefälschte Gutachten

Die Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) kritisiert in einer Stellungnahme, dass die russischen Behörden die Umweltgesetze je nach Bedarf zurechtbögen. Das zeige sich auch in dem Schwarzmeerkurort Sotschi, wo 2014 die Olympischen Winterspiele ausgetragen werden. Immer wieder würden Materialen von öffentlichen Anhörungen und Gutachten zulasten der Umwelt gefälscht, sagt die WWF-Mitarbeiterin Jewgenija Schwarza.

Quelle: n-tv.de

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