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Springt der Funke der arabischen Revolution bis nach Sarawak?Stichwörter: Indigene Protest Aktion Waldzerstörung Korruption

Befeuert vom Erfolg der Befreiungs- und Demokratisierungsbewegung in arabischen Ländern, bröckelt die Fassade des kleptokratischen Systems auch im fernen Sarawak, dem malaysischen Bundesstaat auf Borneo. Dem dortigen Regierungschef Abdul Taib Mahmud und seiner Familie wird vorgeworfen, seit über 30 Jahren das Land auszuplündern und Milliarden illegal ins Ausland geschafft zu haben. Letzte Woche nun wurde von der Schweizer Organisation Bruno Manser Fonds eine Schwarz-Liste mit 49 Unternehmen veröffentlicht, an denen die Familie weltweit beteiligt ist.

Ähnlich wie bei Mubarak oder jetzt bei Gaddafi, sollen Auslandskonten von Taib Mahmud oder seiner Familie wenigstens bis zur Klärung der Herkunft der Reichtümer festgesetzt werden. Die Liste soll nun die Antikorruptions- und Geldwäschebehörden in den genannten Ländern anhalten, die illegal transferierten Reichtümer der Familie einzufrieren. Korruption und illegale Geschäfte sind als Hauptursache der Waldzerstörung in Sarawak bekannt und zugleich wichtigstes Thema der von der EU beschlossenen FLEGT-Maßnahmen zur Regulierung des Holzhandels.

Unterstützung aus einer ganz anderen Ecke erfährt die Transparenz- und Befreiungskampagne von einem vor fast fünf Monaten gestarteten 'Radio Free Sarawak', welches von Exil-Sarawakern aus London betrieben wird und zur wichtigsten freien Informationsquelle in der von der Regierung und den Holzhandelsunternehmen kontrollierten Medienlandschaft geworden ist.

Letzte Woche beschlossen die Betreiber von 'Radio Free Sarawak' ihre Identität preis und dem Widerstand ein Gesicht zu geben. Wie letzten Dienstag im Evening Standard zu lesen war, ist Clare Rewcastle Brown, eine Schwägerin des ehemaligen Premierministers Gordon Brown Teil des zweiköpfigen Radioteams. Peter John Jaban aus Sarawak ist der zweite Kopf im Team. Ihr erklärtes Ziel: die Korruption Taib Mahmud öffentlich machen und zum Ende seiner Herrschaft beitragen.

Eine spannende Geschichte von zwei Menschen, denen es gelingt, aus dem Nichts zur großen Gefahr für einen Despoten zu werden. Wir haben den Artikel aus dem Evening Standard übersetzt.

Gordon Browns Schwägerin greift Korruption in Borneo an
David Cohen, 22.2.2011

In einer Wohnung über einem Restaurant in Covent Garden bereiten sich eine investigative Reporterin namens Clare und ein mit Tattoos bedeckter Stammesangehöriger aus Borneo darauf vor, ihre tägliche revolutionäre Sendung tief in den Dschungel von Borneo hinein auszustrahlen.

Die beiden sind ein ungleiches Duo – sie ist eine weiße Engländerin mittleren Alters, er der stolze Enkel eines Dayak-Kopfjägers, der unter dem Pseudonym Papa Orang Utan auf Sendung geht. Ihr Ziel ist nicht weniger ungewöhnlich: sie wollen die angebliche Korruption von Taib Mahmud, dem Ministerpräsidenten des malaiischen Staates Sarawak auf der Insel Borneo, 6500 Meilen von London entfernt, ans Licht bringen, und seine 30jährige Herrschaft beenden.

„Hier ist Radio Free Sarawak,“ beginnt Papa Orang Utan, während er seinen Kopfhörer aufsetzt um einen Dorfanführer zu interviewen, der gewaltsam von seinem Land vertrieben wurde und der, erstaunlicherweise, mit ihnen vom Rande des Regenwaldes von Borneo aus durch ein Handy spricht. Claire instruiert Papa: „Frag ihn, ob er weiß, dass es Ministerpräsident Taib ist, der ihnen ihr Land gestohlen hat. Und wen er wählen wird!“

Bis jetzt war die Identität der „Piraten“ hinter Radio Free Sarawak ein streng geschütztes Geheimnis – und das aus gutem Grund. Der skandalbehaftete Taib, 74, ist einer der reichsten und gewissenlosesten Männer der Welt – angeblich reicher als der Sultan von Brunei, dessen unabhängiges Land ein Nachbar ist – und Einwohner, die sich ihm widersetzen, müssen seine Rache fürchten.

Aber heute ist ein Durchbruch: das Duo hat sich mutig entschlossen, sich vor den anstehenden Wahlen in Sarawak, die für April erwartet werden, zu offenbaren. Tatsächlich kann der Evening Standard enthüllen, dass es sich bei der mysteriösen Engländerin um Clare Rewcastle Brown handelt, die Schwägerin des früheren Premierministers Gordon Brown. Sie hat Radio Free Sarawak vor 4 Monaten gegründet und den tätowierten Stammesmann – der mit wirklichem Namen Peter John Jaban heißt – als Stimme ihrer Sendung engagiert.

Das letzte Mal, dass sie im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand, war im Mai 2009. Damals veröffentlichte sie einen Brief, in dem sie die Finanzierung von Reinigungskräften des damaligen Premiers nach dem Ausgabenskandal verteidigte. Ihr Artikel, „Die wahre Geschichte von Gordon Brown, der Putzkraft und meinem Ehemann“ legte deren „vollkommen normalen Arrangements“ zur Säuberung ihrer jeweiligen Wohnungen dar und erklärte, warum der „Exklusivbericht“, der auf der Titelseite von The Telegraph erschienen war, haltlos sei.

„Mein armer Ehemann Andrew,“ erinnert sie sich, „war das Gesicht auf jeder Titelseite am ersten Tag des Ausgabenskandals, was ziemlich unfair war, wenn man bedenkt, dass Gordons Arrangements mit der Putzkraft sich später als völlig legitim entpuppten. Die Reporter kamen zu unserer Tür, mit der Annahme, dass sie „Gordon gekriegt“ hätten, aber sie waren nicht gewissenhaft genug gewesen und als wir ihnen die Wahrheit sagten, wollten sie sie nicht hören.“

Heute sieht sie den großen Bruder ihres Mannes wenig, „da Gordon und Sarah meistens in Schottland sind“, aber sie sind eine „eng verbundene Familie“ und „Gordon ist sehr unterstützend,“ wie sie sagt.

Rewcastle Brown, 51, geboren in Sarawak als Kind britischer Eltern in den Tagen bevor die frühere britische Kolonie an Malaysia übergeben wurde, lebte in der Region, bis sie acht Jahre alt war. Sie ist die Autorin des schonungslosen „Sarawak Report“, einem bisher anonymen Blog, der 18.000 Aufrufe am Tag verzeichnet.

„Englisch ist immer noch die Einheitssprache in Sarawak und ich nutze meinen Blog und meine Sendung, um die abscheuliche Entwaldung ans Licht zu bringen, der 95% von Sarawaks Urwäldern zum Opfer gefallen sind. Die abgeholzten Gebiete wurden dann durch Palmölplantagen ersetzt, die Taib und seiner Familie Reichtum bringen,“ sagt sie. „Des weiteren lassen meine Nachforschungen vermuten, dass ein Teil des Vermögens der Taib-Familie hier in London ist, und dass es einen lukrativen Immobilienbestand im Herzen unserer Hauptstadt einschließt.“

Ihre Arbeit, fügt sie hinzu, hat auch den Zweck, „den 2.5 Millionen unterdrückten Menschen von Sarawak eine Wahl zu geben.“

„Der Anführer der Oppositionspartei, ein charismatischer Menschenrechtsanwalt namens Baru Bian, bringt Hoffnung auf echten Wandel in den kommenden Wahlen, aber skandalöserweise ist nur ein Drittel des Volks als Wähler registriert. Und die korrupte malaiische Regierung stellt sich blind, weil Taib Sarawak, den reichsten Bundesstaat, in ihrem Sinne verwaltet.“

Sie sagt, dass ihre Entscheidung, ihre Identität zu offenbaren, eine Reaktion auf Todesdrohungen sei, die auf ihrer „Sarawak Report“-Website gepostet wurden, und auf den mysteriösen Tod ihres wichtigsten Informanten in Amerika. „Vor Weihnachten wurde der abtrünnige amerikanische Helfer von Taib, Ross Boyert, tot in einem Hotelzimmer in Los Angeles mit einer Plastiktüte um den Kopf aufgefunden. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, aber Peter und ich hatten das Gefühl, dass wir in Gefahr sein könnten. Statt uns zu verstecken, haben wir uns entschlossen, herauszukommen und zu kämpfen.“

Sie zieht ihre Lederschuhe aus und lacht. „Das Ironische daran ist, dass Taib und seine Leute denken, wir sind eine riesige Operation, aber wir sind eigentlich nur zu fünft und haben ein paar Laptops und ein Mischpult. Fortschritte in der MP3-Technologie bedeuten, dass es heute billig und einfach ist, Kurzwellenradio zu produzieren. Wir sind so effektiv, dass Taibs Leute denken, wir würden von George Soros finanziert, dessen Stiftung auch Radio Free Burma finanziert.“

Ihr Sender – gegründet im Oktober im Esszimmer ihres Lofts in Victoria, wo sie immer noch „in schäbigem Zerfall“ mit Andrew und ihren beiden Kindern im Teenageralter lebt – kostet weniger als 10,000 Pfund im Monat, sagt sie. Anfangs hat sie es selbst bezahlt, doch seitdem hat sie einige „reichere Freunde“ eingespannt, die „anonym“ helfen. „Nicht Gordon,“ fügt sie hastig hinzu. „Seine Unterstützung ist rein moralisch!“

Ihre leidenschaftliche Hingabe einer Problematik, von dem 99% der Bewohner Londons noch nie etwas gehört haben, verursacht manchmal Spannungen, wie sie zugibt, mit Freunden und Familie. „Aber ich glaube wirklich, dass Taib vermutlich einer der schlimmsten Umweltverbrecher auf dem Planeten ist und dass er dem Land, in dem ich geboren wurde, riesige Summen genommen hat.“

Sie lächelt. „Er hat mich nicht kommen sehen. Als er seine Immobilienfirmen 1982 gegründet hat, hätte er sich niemals vorstellen können, dass irgendeine verrückte Frau, die in ihrer Küche in London sitzt, sein Besitzimperium auseinandernehmen würde, indem sie einfach die Unternehmensberichte, die online sind, untersucht.“

Als investigative Journalistin, die 1983 beim BBC World Service angefangen hat, ist sie besser ausgerüstet als die meisten, wenn es darum geht, den Reichtum der Mahmud-Familie aufzudecken.

„Meine Untersuchungen haben ergeben, dass Taib und seine Familie ein Besitzimperium in Kanada, den USA und Großbritannien haben. Das Geld wurde dadurch eingenommen, dass Taib Urwälder verkauft hat, und einiges von dem Geld ist durch die britischen Virgin Islands geflossen.“

Der Evening Standard trug diese Anschuldigungen jenen vor, die hinter den Firmen stehen. Diese wiesen sie zurück.

Die Leidenschaft von Rewcastle Brown für die Regenwälder von Sarawak begann in ihrer Kindheit, als sie ihre Mutter Karis, eine Hebamme, in den Dschungel begleitete. Damals hatte Sarawak den Wald mit der größten Biodiversität in der Welt, mit 3,000 Baum-, 15,000 Pflanzen-, 420 Vogel- und 221 Säugetierarten.

„Meine Mutter schleifte mich zu abgelegenen Kliniken, um den eingeborenen Dayaks zu zeigen, wie ein gesundes Baby aussehen sollte,“ erinnert sie sich.

„Jeder in diesen Dörfern schläft in einem Langhaus und meine Mutter rettete oft die Leben ihrer kranken Babys. Als Kind waren meine ersten Freunde die örtlichen Kinder und wir kletterten auf Bäume, liefen barfuß und wichen gelegentlich dem Skorpion aus.“

Die Familie kam nach Großbritannien als Rewcastle Brown acht war. Sie ging auf ein privates Internat und vollendete später ihren Master in Internationalen Beziehungen an der LSE. Es würde 38 Jahre dauern, bis sie auf einer Medienreise nach Sarawak zurückkehren würde, wo die Degradierung des Regenwaldes – so deutlich sichtbar aus der Luft – sie bis ins Mark erschütterte.

2008 kam sie zurück um über die Nachwahl zu berichten und um insgeheim Firmen zu filmen, die Regenwald rodeten um Ölpalmen pflanzen zu können. Damals fiel sie „in ein Torfmoor und starb beinahe“, und damals traf sie auch Jaban, 46, einen Wahlbeobachter, der von Taibs staatlich kontrolliertem Radio gefeuert worden war, da er Anrufern erlaubt hatte, ihren Ministerpräsidenten zu kritisieren.

Letztes Jahr lud sie Jaban ein, die Stimme von Radio Free Sarawak in London zu werden. Es war ein drastischer Schritt, denn es bedeutete, dass Jaban, solange Taib an der Macht ist, nicht mehr zurückgehen können würde.

„Ich vermisse meine vier Kinder, ich vermisse meine Heimat,“ sagt er, unter Tränen. Er sieht verwundbar aus, wie ein Fisch ohne Wasser, aber er richtet sich plötzlich auf. „Ich bin bereit, für diese Sache zu sterben,“ sagt er. „In den Tagen meines Großvaters musste man eine vernünftige Anzahl an Köpfen mitbringen, um die eigene Männlichkeit zu beweisen, wenn man heiratete. Heute haben die Dinge sich geändert aber man muss immer noch ein Mann sein.“

Was sind ihre Erfolgschancen? Rewcastle Brown denkt eine Weile nach. „Die Leute sagen, unser Mann hat keine Chance in der Wahl und dass Taib die Wähler einschüchtern wird, wie er es immer tut, aber ich denke, dass unsere Reporte einen großen Effekt haben und dass es eine Grundströmung für Wandel gibt.“

Sie lächelt leicht. „Man muss sich zu Herzen nehmen, was grade im Nahen Osten mit Herrschern passiert, die bis vor ein paar Wochen noch genauso unbeweglich erschienen.“

Quelle: Evening Standard

Übersetzung: Pro REGENWALD, Larissa Hanko

Kommentare

# Uli Meinholz am 28.02.2011, 13:42

Die Welt ist im Wandel und allen die Handeln wie es ihr Herz einfordert sei hier mein Respekt versichert. ERfolg wünsche ich auch:-))

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