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Waldschutz Brasilien: Präsidentin Dilma muss bis Freitag Farbe bekennenStichwörter: Brasilien Politik Aktion

Dilma hat es in der Hand: sie kann als brasilianische Präsidentin in die Geschichte eingehen, die den Schutz des Amazonaswaldes nochmals bekräftigt oder die ihn zum Ausschlachten freigegeben hat. Am Freitag läuft die Vetofrist ab, mit der sie ein von den Agrolobbyisten eingebrachtes phänomenal schlechtes und fehlerhaftes Gesetz stoppen könnte ... und nach Ansicht vieler Experten auch tun wird.

Selbst Pepe Vargas, der Minister für Ländliche Entwicklung, sieht neben einigen 'guten' Ansätzen im Gesetzestext vor allen Dingen große Mängel bzw. sogar "brutale Widersprüche", was wenigstens ein Teil-Veto erforderlich machen würde.

Wer Präsidentin Dilma im Endspurt nun noch ans Herz legen will, den Wald zu retten, möge dies hier Dilma: Veto the Forest Code online tun.

Zur Info über die Zusammenhänge haben wir folgenden Text aus der NewYork-Times übersetzt.

Brasiliens Präsidentin steht vor wichtigen Entscheidungen über das Waldgesetz

  1. Mai 2012 | Simon Romero | Quelle: The New York Times

Rio de Janeiro – Präsidentin Dilma Rousseff hat einen der wichtigsten Momente ihrer Präsidentschaft vor sich. Auf ihr lastet hoher Druck, ihr Veto gegen ein Gesetz einzulegen, das riesige geschützte Gebiete für Viehzucht und Ackerbau freigeben und damit möglicherweise Brasiliens größten Erfolge in der Entschleunigung der Amazonas-Entwaldung rückgängig machen würde.

Der Wald-Kodex, den der Kongress im April auf Druck von mächtigen agrarwirtschaftlichen Gruppierungen verabschiedet hat, ist eine Bestrebung, Brasiliens 47 Jahre altes Gesetz zum Waldschutz zu erneuern. Das Gesetz hat sich als hochsensibles Thema für Rousseff herausgestellt, zumal nächsten Monat die Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen in Brasilien ansteht.

Das Gesetz würde die Landbesitzer begnadigen, die vor 2008 illegal Flächen entwaldet haben, was den Ärger der Umweltschützer hervorrufen würde. Wenn die Gesetzgebung in Kraft tritt, könnte sie, laut dem staatlichen Institut für angewandte Wirtschaftsforschung, Landbesitzern im Amazonas-Gebiet erlauben, die obligatorische Bewaldung von 80% auf 50% herabzusetzen, was zu einem Verlust von bis zu 190 Millionen Acre (Anm: ca 76,9 Millionen Hektar) Wald führen würde.

Das Gesetz kommt zu einem heiklen Zeitpunkt auf die Agenda der Präsidentin: die brasilianische Regierung wird dazu gezwungen, ihre Bündnisse mit Parteien, die das Gesetz unterstützen, zu prüfen. Brasilien steht schon in der Kritik wegen der Pläne für riesengroße Energieprojekte im Amazonasgebiet, die Rousseffs bisher immer verteidigt hat. In der letzten Zeit sind an einigen Dammbaustellen Arbeiterproteste aufgeflammt, während Streiks den Bau des größten hydroelektrischen Projektes, Belo Monte, verlangsamt haben.

"Es darf Brasilien nicht erlaubt werden, diesen Rückschritt zu gehen", sagte Marina Silva, frühere Umweltministerin und Präsidentschaftskandidatin in einem Interview. "Jene zu begnadigen, die den Wald zerstört haben, erhöht ganz offensichtlich das Risiko einer weiteren Entwaldung."

Ebenso unnachgiebig in ihrer Unterstützung für das Gesetz sind dagegen Brasiliens "ruralistas", Abgeordnete, die landwirtschaftliche Interessen vertreten. Sie verfechten die Meinung, dass der neue Wald-Kodex nötig ist, um Brasiliens Wirtschaft zu unterstützen, die durch den Export von Agroprodukten wie Rind, Soja, Zucker oder Geflügel gestärkt wird.

Kátia Abreu, Senatorin des Staates Tocantins und Präsidentin des Verbandes für Brasilianische Landwirtschaft und Tierhaltung, griff internationale Umweltschutzgruppen an, die sich zusammengetan hatten und nun Rousseff um ein Veto gegen das Gesetz ersuchen.

"Es gibt NGOs, die durch ihr Heimatland stark beeinflusst sind, hauptsächlich aus Europa", erklärte Abreu und bezog sich damit auf Nichregierungsorganisationen, deren Aktivitäten sie als "Versuch, die brasilianische Agrarindustrie lahmzulegen" beschrieb.

Dennoch haben auch andere gewichtige Stimmen in Brasilien, welches etwa 40% der weltweiten Regenwälder beheimatet, sich gegen den neuen Wald-Kodex ausgesprochen. Dazu gehören die brasilianische Agentur für Wirtschaft und die brasilianischen Gesellschaft für Fortschritt in der Wissenschaft, zwei der führenden Wissenschaftsverbände des Landes.

Der Ärger hat sich bis in die Pop-Kultur ausgeweitet. Die Stimmung in der Unterhaltungsindustrie lässt sich an der Schauspielerin Camila Pitanga zeigen, die bei einer Veranstaltung den Ablaufplan missachtete, um die anwesende Präsidentin zum Einlegen des Vetos aufzufordern. Videoaufnahmen von Pitangas Stellungnahme verbreiteten sich über soziale Netzwerke schnell in ganz Brasilien.

Zum Schrecken der Ruralistas haben auch einige Firmenbosse in São Paulo, Brasiliens Businesshauptstadt, die Möglichkeit eines Vetos unterstützt. Valor Econômico, die wichtigste Finanzzeitung des Landes, verglich die Situation mit dem Kampf um Präsident Obamas weitreichendes Gesundheitsfürsorgegesetz und beschrieb Ms. Rousseffs Wahl als "eine der Entscheidungen, die eine Regierung prägen."

"Dieses Gesetz wirftt Brasilien ins Mittelalter", sagte Paulo Nigro, Präsident der Lebensmittelverpackungs- und verarbeitungsfirma Tetra Pak Brasilien, der einer jener von Valor zitierten Firmenchefs aus São Paulo war, die ihre Stimme gegen den Wald-Kodex erhoben.

Trotz der Bestützung in manchen Kreisen über die Annahme des Gesetzes nur Wochen bevor einige Tausend Umweltschützer auf der Rio Plus 20 UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung zu Gast sind, dokumentiert einen bedeutenden Wandel in der brasilianischen Politik, die sich durch die erstarkenden Ruralistas auszeichnet.

Dieser Block aus mehr als 100 Abgeordnete störte sich an Rousseffs während der Präsidentschaftskampagne 2010 gemachten Versicherung, kein Gesetz zu unterstützen, das illegale Abholzung legitimiert. Die Ruralistas warben außerdem bei Abgeordneten der Partei der brasilianischen Sozialdemokratie, einer Stütze von Ms. Rousseffs Koalition, für eine Unterstützung des Wald-Kodex.

"Für das Land, in dem Rio Plus 20 stattfindet, ist es peinlich genug, in dieser Situation zu stecken", meinte David Fleischer, ein Politologe an der Universität von Brasília. "Aber Dilma hat die Ruralistas unterschätzt, die jetzt ihre Macht demonstrieren", sagte Fleischer in Bezug auf Rousseff, die in Brasilien allgemein unter ihrem Vornamen bekannt ist.

Der Abgeordnetenblock verzögerte diesen Monat eine andere Abstimmung des Kongresses über ein Gesetz, das die heutige Ausbeutung von Hilfsarbeitern, die in sklavenartigen Bedingungen in Brasilien schuften, abschaffen soll. Die Ruralistas lehnen die Enteignung von Grundstücken ab, auf denen solche Zustände angefunden werden.

In Bezug auf den Wald-Kodex behaupten die Abgeordneten, dass die Gesetzgebung nötig sei, um das Ansteigen der Lebensmittelpreise zu verhindern. Agrarwissenschaftler und Ökonomen jedoch hatten erwidert, dass die Landwirtschaft einfach unter Einbeziehung von Weideflächen ausgeweitet werden könne, ohne dass neue Gebiete zerstört werden müssten.

Die Angst, auf einen Rückgang im Waldschutz zuzusteuern, entstand, nachdem Razzien auf illegalen Holzeinschlag und stärkere Umweltbestimmungen die Entwaldung des Amazonas auf den niedrigsten Stand seit dem Beginn der Regierungskontrollen im Jahr 1988 gebracht hatten.

Präsidentin Rousseff, die bis zum 25. Mai ihre Entscheidung treffen muss, hat sich noch nicht öffentlich dazu bekannt, ob sie ein Veto einlegen werde oder nicht. Allerdings hatten höhere Regierungsmitglieder, darunter der Agrarminister Mendes Ribeiro Filho, signalisiert, dass Teile des Gesetzes nicht akzeptabel wären und angedeutet, dass eine Option ein Einzelveto zu Teilen des Gesetzes wäre.

Wissenschaftler und juristische Sachverständiger warnen allerdings, dass ein Teilveto einige Teile des Gesetzes uneinklagbar lassen könnte und es außerdem Hintertüren ermöglichen könnte, neu aufgeforstete Flächen in der Nähe von Flüssen zu zerstören. "Das gesamte Gesetz muss gestoppt werden", sagte die ehemalige Umweltministerin Silva.

Quelle: nytimes.com, Simon Romero

Übersetzung: Pro REGENWALD, Miriam Winzer

Kommentare

# Sabine Sachs am 26.05.2012, 08:41

The rainforest is the lunge of the whole world!

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