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Protest: Brasiliens Regierung putscht jetzt gegen Natur und eigene BevölkerungStichwörter: Brasilien Politik Korruption Indigene Waldzerstörung

Brasiliens Staatspräsident Michel Temer, der sich letztes Jahr durch einen "parlamentarischen Staatsstreich" selbst vom Vize-Präsidenten zum Präsidenten beförderte, offenbart übelsten Charakter: er liefert die indigene Bevölkerung des Landes ans Messer und lässt auch bisher geschützte Naturschätze plündern.

Während gegen ihn selbst und nahezu die gesamte aktuelle und ehemalige politische und wirtschaftliche Führung Brasiliens im Zuge des Korruptionsskandals des Bauunternehmens Odebrecht ermittelt wird (siehe: Gefangen im Netz des brasilianischen Prinzen), versucht er mit der Aushöhlung von Umwelt-, Indigenen- und Sozialgesetzen die Wirtschaft anzukurbeln oder ohnehin das zu machen, was die nimmersatte Wirtschaftselite schon immer wollte.

Für den gestrigen Freitag riefen Brasiliens Gewerkschaften zu einem 24-stündigen, landesweiten Generalstreik auf. Unter dem Motto "Brasilien wird stillstehen" demonstrieren die Menschen gegen eine Reform der Sozialversicherung, die eine Aushöhlung des Arbeitsrechts und eine Kürzung der Renten zur Folge hat. Dem Protestaufruf schlossen sich die katholische Bischofskonferenz, der Franziskaner-Orden, mehrere Parteien, Bürgermeister aus dem ganzen Land sowie die Dachverbände der Wohnungslosen und landlosen Arbeiter an. Durch die Beteiligung von vier Millionen Lehrern, Bank- und Handelsangestellten, Beschäftigten der Metall-, Chemie- und Ölindustrie, der Post und selbst Justizbeamten, ist es der größte Streik und Protest in der Geschichte Brasiliens (Generalstreik).

Bereits vor der Verschlechterung der Sozialgesetze hat die Regierung Temer den Angriff auf die Wälder, Ressourcen und Schutzgebiete des Landes gestartet, um auch ausschlachten zu können, was bisher niet- und nagelfest schien. Seit 2014 beschleunigt sich die Zerstörung des brasilianischen Regenwaldes wieder deutlich, doch der im Parlament stark vertretenen Agrarlobby geht das noch nicht schnell genug. Mehrere Gesetze werden im Parlament verhandelt - von der Neuregelung der Landvergabe, dem (leichteren) Zugang der Agrar- und Bergbauindustrie in indigene Schutzgebiete und Nationalparks bis zur Verkleinerung einzelner bestehender Schutzgebiete. Aktuelles Beispiel hierfür ist der Entzug des Schutzstatus für 1,2 Millionen Hektar Wald im Bundesstaat Pará (Brazil moves to cut Amazon conservation units by 1.2 million hectares).

Und weil es unter Umständen ja zu Widerstand gegen diese Maßnahmen aus der Verwaltung kommen könnte, wird das Umweltministerium durch Mittelentzug mehr oder weniger entmachtet. Um ganze 51 Prozent wurde der Etat des Ministeriums nun gekürzt, betroffen davon ist auch die Umweltbehörde IBAMA, die für nicht weniger als die Einhaltung der Umweltrichtlinien zuständig ist und wohl eine der letzten Kontrollinstanzen gegen die Abholzung ist - bzw. nun wohl war.

Parallel zur Zerstörung der Umweltbehörden und der Umweltgesetzgebung werden die Rechte der indigenen Bevölkerung untergraben und Kleinbauern und Landlose als Entwicklungshindernis gesehen. Seit letzten August bereits - mit Amtsantritt von Michel Temer als Staatspräsident - werden keine indigenen Territorien mehr demarkiert und somit unter Schutz gestellt. Obwohl dies sowohl verfassungsmäßige Pflicht des Staates als auch Recht der indigenen Bevölkerung ist (Brazil stops demarcating land for indigenous people: ex-government agency official).

Die Folge dieser Politik schlägt sich inzwischen auch schon in Gewalt nieder. Während die Schwachen für den Erhalt ihrer letzten noch verbliebenen Rechte kämpfen, fühlen sich Großgrundbesitzer, Holzmafia, Agrarindustrie, illegale Goldsucher und Verbrecher von "ihrer" Regierung darin bestärkt, sich zu nehmen, was sie wollen.

Im Bundesstaat Mato Grosso stehen Kleinbauern, Indigene und Landlose seit Jahren Großgrundbesitzern gegenüber, die meinen, eine viel sinnvollere Verwendung für all das Land zu haben, das ihnen aber gar nicht gehört. Weil des Großgrundbesitzers Geduld endlich ist, wird dann eben auch mal zu einer endgültigen Lösung gegriffen, wie das aktuelle Beispiel aus Taquarucu do Norte zeigt.



Zehn Tote bei Massaker an Landlosen in Brasilien Opfer in ihren Behausungen hingerichtet. Mutmaßlich Großgrundbesitzer und Holzmafia entsandten Auftragsmörder. Seit Jahren Landkonflikte in der Region von Mario Schenk, 24.04.2017

Taquaruçu do Norte, Brasilien. Bei einem Massaker an Kleinbauern sind im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso am vergangenen Donnerstag mindestens acht Menschen ermordet worden. Die meisten von ihnen sollen in ihren selbstgebauten Hütten hingerichtet worden sein. Zu den Opfern gehören auch Kinder und Jugendliche. Daneben soll es etliche Verletzte und auch Vermisste geben, wie die Katholische Landpastorale, Commissão Pastoral da Terra (CPT), unter Berufung auf Zeugen bekannt gab. Die CPT spricht gar von zehn Toten.

Laut ersten Informationen der Polizei drangen Vermummte in die Siedlung namens Taquaruçu do Norte ein und schossen auf die Menschen vor Ort. Das Massaker ereignete sich im Landkreis Colniza an der Grenze zum Bundesstaat Amazonas, rund 1.00 Kilometer von der Hauptstadt Cuiabá entfernt. Die Militärpolizei (PM) aus der 100 Kilometer entfernten Stadt Guariba habe am Nachmittag begonnen, Spuren am Tatort aufzunehmen.

Noch immer seien Personen verschwunden, so der für die Region zuständige Koordinator der CPT, Cristiano Cabral. "Wir wissen nicht, ob sie ermordet wurden oder sich verstecken". Zudem hätten "die Personen eine riesige Angst, Informationen zu geben. Sie wissen nicht, inwieweit die Polizei darin verwickelt ist. Falls ja, wozu sollten sie dann Anzeige stellen?", so Cabral gegenüber dem Nachrichtendienst Agência Nacional. Ferner konnten Informationen über weitere Opfer oder das Motiv der Täter aufgrund prekärer Telefonverbindungen und des schwierigen Zugangs zum Gebiet bisher nicht bestätigt werden.

Dem Bericht der CPT zufolge ist die Region seit Jahren Schauplatz von teilweise tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Landlosen und Großgrundbesitzern. Zuletzt war es 2015 zu Übergriffen auf landlose Kleinbauern gekommen. Im Zuge dessen hatten polizeiliche Ermittlungen ergeben, dass die Verwalter von Fazendas in der Region ein Netz schwer bewaffneter Auftragsmörder unterhielten und diese für die Übergriffe verantwortlich sind. Ziel sei es, die Kleinbauern von dem Land zu vertreiben. In dem Zusammenhang sind auch jetzt wieder die Pflanzungen der Bauern zerstört worden. Die Großgrundbesitzer sollen zudem mit einer Organisation kooperieren, die in der Region illegale Holzwirtschaft betreibt.

Laut CPT reicht der Konflikt um die Siedlung Taquaruçu do Norte zurück bis ins Jahr 2004. Damals wurden insgesamt 185 Familien von Vermummten unter Einsatz von Waffen aus dem Gebiet vertrieben. Der für den damaligen Übergriff Verantwortliche habe später angegeben, die Ländereien gekauft zu haben und erhielt vor einem lokalen Gericht Recht. Die Bauern gingen wiederum gegen das Urteil vor. Ein Gericht bestätigte daraufhin, dass ihnen das Land bereits im Jahr 2002 im Zuge der Agrarreform vom Staat zugesprochen wurde. Einen Höhepunkt der Übergriffe bildete das Jahr 2007, als mindestens zehn Landarbeiter Opfer von Folter und Entführungen wurden. Drei Kleinbauern wurden damals ermordet.

Zu Beginn der vergangenen Woche hatte die CPT den jährlichen Bericht zu Landkonflikten für 2016 vorgestellt. Demnach sind im vergangenen Jahr 61 Kleinbauern, Indigene und Landlose in Auseinandersetzungen um Land ermordet worden. Dies sei ein Anstieg von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und der höchste Wert seit 2003, so die CPT. Brasilien steht damit weltweit an der Spitze von Todesfällen in Landkonflikten. Ferner sind 2016 die Fälle von Vertreibungen von Kleinbauern um 232 Prozent gestiegen. In diesem Jahr erfasste die Landpastorale vor dem Massaker von Colniza bereits zehn Morde.

Die neue Welle von Gewalt wird mit der Machtübernahme durch rechts-konservative Kreise und der Freigabe von Land für internationales Kapital sowie der partiellen Aufhebung der Agrarreform in Verbindung gebracht.

Erst am vergangenen Montag, den 17. April, jährte sich zum 21. Mal das Massaker von El Dorado dos Carajás. In dem Ort im nördlichen Bundesstaat Pará waren 1996 19 Menschen von Handlangern von Großgrundbesitzern ermordet worden. Das Datum ist daraufhin zum Welttag der Kleinbauern ernannt worden.

Quelle: www.amerika21.de

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