Up in Smoke: Immer mehr Wälder werden verfeuertStichwörter: Biomasse Protest Raubbau Waldzerstörung
Enviva Pellets Northampton, North Carolina
Während die Europäische Union die Abholzung von Wäldern und das Verfeuern von Holz immer noch für eine saubere und erneuerbare Energieform hält, können sich die Menschen in manchen afrikanischen Staaten die immer teurer werdende fossile Energie nicht mehr leisten. Sie greifen in der Not zunehmend auf Holz als Energieträger zurück - mit fatalen Folgen für die Wälder.
Im Jahr 2009 setzte sich die Europäische Union ein ehrgeiziges Ziel: bis 2050 sollen die Emissionen aus fossiler Energie um 80 Prozent reduziert werden. Um diesem Ziel näherzukommen ging die EU in ihrer Politik - entgegen jeder Kritik und Vernunft - davon aus, dass die Verbrennung von Biomasse aus Wäldern CO2-neutral sei. Die Folge ist bekannt: in den Folgejahren boomten Holzheizungen, Pellets wurden zum "Öko-Chic".
Doch für all die vielen Pellets und Heizungen gibt es nicht genug Holz. Nur mit Holzabfällen ist der Nachfrage schon lange nicht mehr beizukommen, denn mittlerweile stammen über 40 Prozent der erneuerbaren Energie der EU von Biomasse aus dem Wald. Und ein immer größerer Teil davon stammt aus Wäldern außerhalb Europas (Burning wood: Can the EU see the forest for the trees?).
Zu einem besonderen Zulieferer für europäische Feuerungsanlagen wurden die Wälder im Südosten der USA gemacht. Die Wälder, die sich von Louisiana über die Carolinas bis Virginia erstrecken, werden seit dem Beschluss der EU immer mehr zu Pellets: die Produktion schnellte alleine von 2008 bis 2013 von unter einer halben Million Tonnen auf 6 Millionen Tonnen in die Höhe. Ein Ende dieser Entwicklung scheint nicht absehbar, planen die Bundesstaaten Louisiana, Alabama, Mississippi und South Carolina den Bau von mehr als zehn zusätzlichen Pelletfabriken (Karte: Forests for Fuel).
Allerdings muss man seinen Blick gar nicht bis über den Atlantik werfen. Im nahen Frankreich rüstet die E.ON-Abspaltung Uniper ein Kohlekraftwerk auf Holzverbrennung um. 800.000 Tonnen Holz sollen in Gardanne jährlich verbrannt werden. Eine erste Lieferung von 40.000 Tonnen Holz ist aus Brasilien eingetroffen, doch vor allem für die Wälder Südfrankreichs besteht die Gefahr, dass sie in naher Zukunft abgeholzt, gehäckselt und im Namen des Klimaschutzes verbrannt werden. Daher fordern Umweltschützer aus Frankreich und Deutschland von Uniper: "Holzverbrennung zur Stromproduktion im industriellen Maßstab belastet die Atmosphäre erheblich mit dem Klimagas CO2 und erhöht den Druck auf die Wälder. Die wirklich dümmste Lösung unserer Energieprobleme ist daher die Umrüstung von uralten Kohlekraftwerken auf Holzfeuerung”, kritisierten Umweltschützer vor wenigen Tagen. “Der Stromriese muss diesen Irrsinn unverzüglich stoppen!” (Unipers Holzverbrennung im Kraftwerk Provence zerstört Wälder!)
Und während in der EU nun um einen Weg gestritten wird, der CO2-Reduktionen, Waldschutz und erneuerbare Energien unter einen Hut bringt, explodieren in manchen afrikanischen Staaten die Energiepreise. In Sambia stiegen die Strompreise um 75 Prozent - laut dem staatlichen Energieunternehmen Zesco u.a. aufgrund einer Abwertung der Währung und gestiegenen Kosten für den Import von Energie aus dem Ausland. Kritiker dieser Preispolitik in Sambia befürchten nun einen Anstieg der Abholzungsraten, da Holz und Holzkohle deutlich billiger zu haben sind (Electricity price hike raises deforestation fears in Zambia).
Ähnlich sieht die Entwicklung in Ghana aus. Durch deutlich gestiegene Kosten für Gas, steigt der Druck auf die ohnehin schon geschundenen Wälder, die durch Plantagen, Bergbau und Infrastruktur jedes Jahr um mehr als 20.000 Hektar schrumpfen. Die Regierung will dem Waldverlust und gestiegenen Holzbedarf nun entgegenwirken - durch die Ausweitung der Plantagenflächen von derzeit 750.000 Hektar auf 6,5 Millionen Hektar im Jahr 2030.
einige Links:
Südfrankreich: Wirbel um ein neues Biomasse-Kraftwerk, deutschlandfunk, 09.12.2016
Europe's 'renewable' energy plan is actually destroying US forests, businessinsider.com, 23.12.2015
<a http://www.dailymail.co.uk/news/article-2290444/Madness-How-pay-billions-electricity-bills-Britains-biggest-power-station-switch-coal-wood-chips--wont-help-planet-jot.html#ixzz4k7IuIUb1" target="newsF">Eco madness and how our future is going up in smoke as we pay billions to switch from burning coal to wood chips at Britain's biggest power station, dailymail.co.uk, 09.03.2013
Dogwood Alliance: Stop Exporting Southern Forests
Ölpreis gefährdet Regenwald - Ghanaer vergrillen ihre Bäume
Weil die Kosten für Öl steigen, kaufen die Menschen in Ghana immer häufiger Holzkohle. Den Preis zahlt nicht nur die Umwelt.
- 31.5.2017, Masahudu Kunateh
ACCRA - Für Mary Issahaka läuft es gerade gut. Sie verkauft Holzkohle in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Der Brennstoff findet reißenden Absatz. „Das Holzkohlengeschäft ist so profitabel wie nie“, sagt Issahaka. „Die Leute kommen, weil sie sich kein Gas mehr leisten können.“
Ende 2016 hat die Regierung die staatlichen Subventionen für Flüssiggas, das in den Privathaushalten weit verbreitet ist, auslaufen lassen. Ebenso für andere Ölprodukte. Inzwischen hat die National Petroleum Authority den Preis für einen 14,5-Kilo-Flüssiggaskanister von 65 auf 100 ghanaische Cedi erhöht, umgerechnet von 14 auf etwa 22 Euro.
Dabei hatte es gute Gründe für die Bezuschussung von Flüssiggas gegeben, die in den 1980er Jahren eingeführt worden war: Wegen unkontrollierter Nutzung waren die Waldflächen zusammengeschrumpft. Billigeres alternatives Brennmaterial sollte die Ghanaer von Feuerholz und Holzkohle wegbringen, um die letzten Ressourcen zu schonen.
Nun fürchtet Bankexperte Kojo Yeboah, dass die Leute wieder zum Holz zurückkehren. „Wenn du 500 Cedi im Monat verdienst und davon 100 für einen einzigen Gaskanister ausgibst, bleiben noch 400 für alles andere“, rechnet er vor. Das reiche nicht zumal die Inflationsraten in Ghana zweistellig sind.
Jedes Jahr verliert Ghana 22.000 Hektar Wald
Umweltschützer warnen, dass über 3 Millionen Menschen in Ghana direkt auf die Wälder angewiesen sind, um zu überleben. Sie verlören ihre Existenz, wenn nun wieder abgeholzt werde. Unter den Bäumen leben indigene Völker, die sich mit Nahrung, Brennholz, Kleidung, Baumaterialien, natürlicher Medizin und Trinkwasser aus der Umwelt versorgen. Und der Forstsektor trägt rund 5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Rund 40 Prozent der Fläche Ghanas, etwa 9,2 Millionen Hektar, sind von Bäumen bedeckt. Schon 1992 schätzte allerdings die UN-Agrarorganisation FAO, dass nur 1,5 Millionen Hektar davon Urwald sind. Zudem sind viele Flächen zerstückelt. Und jedes Jahr verliert Ghana weitere 22.000 Hektar Wald.
Den Menschen, die von der Herstellung von Holzkohle leben, bedeuten solche Zahlen nichts. „Holzkohle hat es mir möglich gemacht, meine fünf Kinder zur Universität zu schicken“, erklärt eine Verkäuferin aus Accra. Gesetze, die seltene Baumarten schützen sollen, ignoriere man dann: „In unserem Geschäft beachten wir diese Gesetze nicht.“
Die Regierung plant Gegenmaßnahmen
Neben der Abholzung setzen auch Bergbauunternehmen, die Gold, Bauxit, Mangan oder Diamanten abbauen, dem Wald zu. Fernstraßen werden auch durch Naturschutzgebiete gebaut. Dass die verschiedenen Regierungen das über Jahre toleriert haben, hat das Problem verschärft und den Respekt vor dem Gesetz verringert.
Die Regierung will nun die Anlage von Holzplantagen vorantreiben, um die Nachfrage nach Holzkohle zu befriedigen. Der geltende Nationale Energieplan sieht vor, die Forstplantagenfläche von derzeit 750.000 bis 2030 auf 6,5 Millionen Hektar zu erhöhen. Um den Holzbedarf zu reduzieren und das generelle Energieproblem zu lösen, will sie gleichzeitig Energiesparmaßnahmen unterstützen und energieeffiziente Kochstellen fördern.
(Quelle: Ghanaer vergrillen ihre Bäume, taz.de, 31.5.2017)