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Appell: Stoppt den Mauerbau durch den Urwald an der Grenze zu BelarusStichwörter: Protest Politik Schutzgebiete EU


Schwere Baumaschine auf dem Weg durch den Wald
Stacheldraht alleine reicht nicht, deshalb hat Polen entlang der EU-Außengrenze zu Belarus mit dem Bau einer Grenzmauer begonnen. Die neue Mauer soll Migranten abhalten, die nach Einschätzung der EU vom belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ins Land gelockt und an die Grenze zu Polen, Litauen und Lettland gebracht wurden.

Die neue, 5,50 Meter hohe Metallwand wird sich bald über eine Länge von 186 Kilometern ziehen und soll rund 340 Millionen Euro kosten und im Juni fertiggestellt werden. Ausgestattet mit Bewegungssensoren und einem elektronischen Überwachungssystem wird sie sich etwa über die Hälfte der 400 km langen polnischen Grenze zu Belarus erstrecken.

Bisher wurden tausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien, Kurdistan und Afghanistan beim Versuch, die Grenze zu überqueren, erwischt und von den polnischen Grenzbeamten gewaltsam nach Belarus zurückgedrängt. Hunderte von Familien saßen im eisigen Winter in den Wäldern zwischen den beiden Ländern fest. Mindestens 19 Menschen sind in den vergangenen Monaten dabei gestorben.

Natalia Gebert von der Grupa Granica, die in Polen ankommenden Migranten und Asylbewerbern hilft, erklärt, ihre Organisation sei absolut gegen die Mauer. "Sie hält nur Menschen mit Behinderungen, die Schwachen und die Kranken auf", sagte sie. "Sie hält verzweifelte Menschen, die vor der Gefahr fliehen, nicht davon ab zu versuchen, die Grenze zu überqueren." Die Grenzgruppe habe in den ersten drei Wochen des Jahres 2022 Hilfsgesuche von fast 350 Menschen erhalten, darunter 51 Kinder (Polen baut Grenzmauer).


Bagger räumt den Weg frei
Auch Umweltschützer kritisieren den Bau der Mauer, denn sie wäre eine Katastrophe für die Natur im Bialowieza-Gebiet. Das Weltnaturerbe Bialowieza an der Grenze zwischen Polen und Belarus ist einer der letzten größeren Primärwäldern aus Nadel- und Laubbäumen in Europa. Er beherbergt die größte Population des europäischen Wisents und viele weitere seltene und geschützte Arten. Die geplante Mauer würde in Bialowieza schwere Schäden anrichten (Poland builds wall through protected forest).

Umweltorganisationen aus ganz Europa rufen die Europäische Kommission auf, der polnischen Regierung Einhalt zu gebieten und den Bau der Mauer zu stoppen. In einem gemeinsamen Brief schreiben sie:

EIN APPELL
VON NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN
ZUM STOPP DES BAUS EINER MAUER AN DER POLNISCH-BELARUSISCHEN GRENZE

Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen
Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans
Kommissar für Umwelt Virginijus Sinkevicius

Wir fordern eine dringende Intervention, um den Bau einer Mauer an der polnisch-belarusischen Grenze sofort zu stoppen, da es sich um ein sozial- und umweltschädliches Projekt handelt, das gegen die Anforderungen der Habitat-Richtlinie verstößt. Die Bauarbeiten haben am 25. Januar begonnen, so dass wir ein schnelles Handeln erwarten.

Die Mauer ist als dauerhafte, fünf Meter hohe Stahlkonstruktion auf einem Betonfundament geplant, die mit einer einen halben Meter langen Spule aus Stacheldraht versehen ist. Die Sperre soll 186 Kilometer lang sein und durch ökologisch wertvolle Gebiete verlaufen. Einige von ihnen wurden in das europäische Netz der Natura-2000-Gebiete aufgenommen, die Primärwälder, Feuchtgebiete und Flusstäler schützen: Puszcza Bialowieska PLC200004, Ostoja Augustowska PLH200005, Ostoja Knyszynska PLH200006, Dolina Biebrzy PLH200008, Ostoja Nadbuzanska PLH140011, Poleska Dolina Bugu PLH060032.

Der Beschluss zum Bau der Mauer wurde ohne öffentliche Anhörung gefasst, und der gesamte Bauprozess wurde in beispielloser Weise von der Anwendung gesetzlicher Vorschriften wie Bau-, Wasser- und Umweltrecht ausgenommen. Infolgedessen wurde keine Prüfung der Auswirkungen des Projekts auf die Natura-2000-Gebiete durchgeführt, was einen Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 3 der Habitat-Richtlinie darstellt. Auch wurden keine Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen mit nachgewiesener Wirksamkeit geplant.

Das Projekt wird die Umwelt in einem Ausmaß schädigen, das über die Fläche Polens hinausgeht: Es wird zu einer dauerhaften und großflächigen Fragmentierung der Lebensräume geschützter Arten führen, z.B. von Wolf, Luchs und Wisent, und die funktionale ökologische Vernetzung auf nationaler und europäischer Ebene unterbrechen, indem es die Bewegungen wichtiger Tierarten (einschließlich Wolf und Luchs) behindert, sowie erhebliche negative Auswirkungen auf die in den oben genannten Natura-2000-Gebieten geschützten Arten haben.

Tiere kennen keine administrativen Grenzen, sie bewegen sich in einem großen räumlichen Maßstab und nutzen die so genannten ökologischen Korridore. Nur im Bialowieza-Wald wird die Mauer die Verbindung zwischen den Waldlebensräumen von Belarus und der Ukraine mit den Wäldern in Mittel- und Westpolen und dann in Westeuropa unterbrechen. Auf dieser Route bewegen sich Arten wie Wolf, Luchs, Wisent und Elch auf dem gesamten Kontinent. Das Vorhandensein der Barriere wird dazu führen, dass die freie Wanderung der Tiere gestoppt wird. Experten sagen bereits voraus, dass der Bau der Mauer zum Zusammenbruch der Tieflandluchspopulation in Polen führen könnte. Durch die Beeinträchtigung vieler wichtiger natürlicher Prozesse bedroht die Mauer auch den Erhalt des Status des Bialowieza-Waldes als UNESCO-Welterbe.

Die dramatischen Auswirkungen auf die Umwelt sind nicht die einzigen Bedenken gegen diese Investition. Die örtlichen Gemeinden haben sich auch gegen den Bau der Mauer an der polnisch-belarusischen Grenze ausgesprochen. Die Zerstörung wertvoller Natur wird zu einem Rückgang des Tourismus führen und damit die wirtschaftliche Lage der Einwohner der Region verschlechtern. Die Petition der Gemeinde Bialowieza, mit der der Bau der Mauer gestoppt werden soll, wurde in nur zwei Wochen von fast 18.000 Menschen unterzeichnet.

Schließlich weisen wir darauf hin, dass der Bau der Mauer - entgegen den Erwartungen der polnischen Regierung - nicht zu einer Lösung der Migrationskrise führen wird. Die Mauer stellt keine wirksame Maßnahme dar, die es erlauben würde, die Verpflichtung zur Prüfung der von den an der Grenze ankommenden Personen gestellten Schutzanträge gemäß der Genfer Konvention auszuschließen. In der Zwischenzeit wird es angesichts der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels immer mehr solcher Menschen geben. Die Migration wird nicht aufhören, daher braucht Polen eine Migrationspolitik, die auf der Achtung der Menschenrechte und dem Schutz von Leben und Gesundheit basiert, und keine repressiven Lösungen.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Europäische Kommission auf, alle möglichen rechtlichen und politischen Schritte zu unternehmen, um den Bau der Mauer an der polnisch-belarusischen Grenze unverzüglich zu stoppen, da das Projekt umwelt- und sozialschädlich ist.

Mit freundlichen Grüßen
unterzeichnende Organisationen

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