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Falsche FreundeStichwörter: Artenschwund Waldbewirtschaftung Waldschutz Wirtschaft Politik

Manchmal muss man genau hinschauen, wer einem zum Regenwaldretten die Hand reichen will. In letzter Zeit als Tropenwaldschützer positioniert haben sich die Herren Schirmbeck und von und zu Guttenberg (der Bruder vom über seine Promotion gestolperten Ex-Minister). Diese Herren vertreten den Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR) bzw. die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V., die beide den Schwerpunkt ihrer Aktivität eigentlich nicht im Tropenwald sehen. Sie sind die Interessenvertreter deutscher Waldbesitzer - und die sehen wieder einmal mit Sorge in die Zukunft.

Es droht Schaden für den deutschen Wald, besser für das Weltbild und das Wirtschaftsstreben der Waldbesitzer. Denn die Forderungen nach größeren geschützten Waldflächen, die u.a. zur Erhaltung der Artenvielfalt in Deutschland unerlässlich sind, werden konkreter und sind argumentativ kaum mehr widerlegbar. Es soll künftig weniger Holz eingeschlagen werden, mehr Totholz im Wald selbst verbleiben und es müssen weitere Schutzflächen entstehen, auf denen der Wald sich natürlich entwickeln kann.

Irgendwo muss das Holz ja herkommen, welches die Grundlage unserer Volkswirtschaft ist, von der wir alle wollen, dass sie sich weiterentwickelt. Wenn künftig nicht mehr aus deutschen Wäldern, so die Argumentation der Herren Lobbyisten, dann opfert ihr ja den Regenwald - und weil wir den alle lieben und erhalten wollen, verschont uns bittschön mit diesen Schutzgebieten. So ungefähr muss man sich die Argumentationskette der Waldbesitzer vorstellen.

Und das wollen einige der deutschen Regenwaldschutzorganisationen unwidersprochen nicht länger stehen lassen: in einem Offenen Brief fordern sie heute von den Waldbesitzervertretern, nicht weiter mit dem Verdummungsargument Stimmung zu machen und endlich auch im Wald der Verpflichtung zum Stopp des Artensterbens angemessen beizutragen nachzukommen.

Offener Brief, 6.4.2011

Sehr geehrter Herr Schirmbeck,
Sehr geehrter Herr von und zu Guttenberg,
wir begrüßen es sehr, dass Sie sich um den Erhalt der Tropenwälder sorgen. Doch leider haben Sie in letzter Zeit durch Äußerungen wiederholt den Eindruck erweckt, dass ausgerechnet die Ausweisung von Waldnationalparks in Deutschland zur Zerstörung einer vergleichbaren Fläche an tropischen oder anderen Wäldern in anderen Ländern führen würde.

Die unterzeichnenden Verbände appellieren eindringlich an Sie, die Zerstörung von Wäldern durch den Holzeinschlag außerhalb Deutschlands in Ihrer Argumentation nicht gegen die Einrichtung von Schutzgebieten in deutschen Wäldern auszuspielen.

Am 4. Februar 2011 hatten Sie, Herr Schirmbeck, in einer Pressemitteilung geäußert, dass Nutzungseinschränkungen und großflächige Unterschutzstellungen in den Wäldern Deutschlands die Regenwaldvernichtung beschleunigen würden. Am 21. Januar 2011 sagten Sie, Herr von und zu Guttenberg, auf der Grünen Woche in Berlin dass die Einrichtung von Nationalparks in Deutschland "unmoralisch" sei. Dies führe dazu, das fehlende Holz zu importieren, wodurch auch Regenwälder zerstört würden. Sie haben diese Behauptung Ende März wiederholt.

Wir Verbände, die wir uns seit Jahrzehnten für den Schutz von Tropenwäldern und indigenen Völkern engagieren, weisen solche Äußerungen entschieden zurück. Sie sind falsch und lenken nur von den wirklichen Problemen ab. Der Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen dürfte nach der Atomkatastrophe weiter steigen, doch diese Knappheit kann und darf nicht einfach durch die Steigerung der Holzeinschläge gedeckt werden. Die Grenzen des Wachstums gelten auch für Waldökosysteme.

Ihre Argumentation ist für uns umso unverständlicher, als Ihre Verbände sich nach unseren Erfahrungen in den vergangenen Jahrzehnten weder für den Schutz der Tropenwälder engagiert, noch Maßnahmen gegen die Importe von teilweise illegalem Raubbauholz ergriffen oder angemessen unterstützt haben. Erst mit dem Aufkommen der Diskussion um die Ausweisung von gerade einmal 5% Flächen mit natürlicher Waldentwicklung im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt haben Sie die Zerstörung der Regenwälder thematisiert. Die Biodiversität tropischer Regenwälder wird in Ihrer Argumentation gegen die Biodiversität standortheimischer Wälder in Deutschland ausgespielt. Damit verbinden Sie implizit den Vorwurf, dass Waldschutzgebiete in Deutschland dazu führen würden, das Holz dann in Tropenwäldern einzuschlagen und dafür deren Zerstörung in Kauf zu nehmen. Die Verantwortung hierfür darf aber nicht den Akteuren angelastet werden, die sich für den Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland engagieren.

Wir fragen uns, woher die deutsche Holzwirtschaft und die Verbraucher sich ein quasi verbrieftes Recht nehmen könnten, immer mehr Holz zu konsumieren. Es entsteht der Eindruck, als ob der Anstieg des Holzverbrauches quasi ein Naturgesetz sei, ein Problem, das nur mit immer weiter steigenden Holzeinschlägen gelöst werden könne (und sei es, dass dafür weiter Raubbau betrieben wird), während Ihre Verbände auf der anderen Seite sowohl im Rahmen der Charta für Holz, als auch mit der Marketinginitiative "Zukunft Holz GmbH" für steigenden Holzkonsum werben. Deutschland importiert seit Jahrzehnten Hölzer aus Raubbau und illegalen Quellen in tropischen und nordischen Wäldern, obwohl seit jeher in fast 99% unserer Wälder Holz eingeschlagen wird.

Wenn Ihnen der Schutz der Tropenwälder wirklich wichtig ist, dann setzen Sie sich bitte dafür ein, dass wir unseren Holzverbrauch an der umwelt- und sozialverträglich verfügbaren Holzmenge orientieren. Möglichkeiten dazu gäbe es genug. Der deutsche Papier- Jahresverbrauch von über 220 Kilo pro Kopf ist viel zu hoch und mit angemessenen Bedarfen für Bildung, Verwaltung, Information und andere Zwecke nicht zu rechtfertigen. Hierfür würde ein Bruchteil dieser Menge ausreichen. Die Papierindustrie trägt erheblich zur globalen Waldzerstörung und Klimawandel bei: 40 Prozent aller kommerziell gefällten Bäume werden zu Papier verarbeitet und selbst ökologisch einmalige Tropenwälder werden zu Zellstoffbrei zerkocht. Der im internationalen Vergleich weit überhöhte deutsche Papierverbrauch muss mindestens um die Hälfte verringert werden. Auch die Erzeugung anderer Wegwerfprodukte aus dem Rohstoff Holz und die Verbrennung qualitativ besser verwendbarer Hölzer muss zugunsten der stofflichen Holzverwendung und zugunsten einer ökologischeren Waldnutzung reduziert werden.

Wenn Sie im eigenen Land nicht akzeptieren können, bis zum Jahre 2020 mindestens 5 % der Waldfläche aus der Nutzung zu nehmen, um hier natürliche Walddynamik zuzulassen und auf 95 Prozent der Waldfläche ökologischere Waldnutzung zu praktizieren, können Sie nicht glaubwürdig beanspruchen, für eine »nachhaltige Forstwirtschaft« zu stehen.

Deutschland muss seiner Verantwortung für den Schutz der biologischen Vielfalt auch im eigenen Land nachkommen. Buchenwälder und andere standortheimische Waldgesellschaften können nicht in Brasilien oder im Kongobecken geschützt werden. Deutschland als reiches Industrieland erwartet von Ländern des globalen Südens die Ausweisung und den Schutz ausreichender Waldgebiete und muss mit gutem Beispiel voran gehen, wenn es mit seinen Forderungen an die Tropenwaldländer glaubwürdig sein will.

Eine diskursive Verknüpfung des Waldschutzes hier bei uns und des drohenden erhöhten Einschlages in Tropenwäldern halten wir für unmoralisch und für nicht hinnehmbar. Weitere diesbezügliche Äußerungen werden wir daher kritisch und öffentlichkeitswirksam begleiten.

Mit freundlichen Grüßen
László Maráz
Koordination AG Wald im Forum Umwelt und Entwicklung

Mitunterzeichner Wolfgang Kuhlmann, ARA
Angela Meder, Berggorilla & Regenwald Direkthilfe
Stephen Wehner, Bergwaldprojekt
Nicola Uhde, BUND
Helmut Röscheisen, Deutscher Naturschutzring
Albert Wotke, Deutsche Umwelthilfe
Jürgen Maier, Forum Umwelt & Entwicklung
Sylvia Hamberger, Gesellschaft für ökologische Forschung
Sabine Schliemann, INFOE
Andreas Kress, Klima-Bündnis
Mira Beinert, NaturFreunde Deutschlands
Simone Hörner, Pro REGENWALD
Birgit Trinks, Pro Wildlife
Susann Reiner, Regenwaldinstitut
Klaus Schenck, Rettet den Regenwald
Peter Gerhardt, Robin Wood
Monika Melisch, Tropicaverde
Marianne Klute, Watch Indonesia
Nina Grießhammer, WWF Deutschland

Kommentare

# László Maráz am 07.04.2011, 20:30

Ist schon ein Armutszeugnis, was die Verbandsfürsten da abliefern. Und das im Internationalen Jahr der Wälder.

Es muss auch beim Holz- und Papierverbrauch Schluss sein mit dem andauernden Wachstumsgefasel - die Grenzen sind längst überschritten und wenn wir unseren Lebenswandel nicht danach ausrichten, was die Natur dauerhaft hergibt, ohne Schaden zu nehmen, dann werden wir letztlich dran glauben müssen.

Es wird Zeit, dass wir endlich auch in Deutschland mehr Nationalparks schaffen: Im Nördlichen Steigerwald, im Schwarzwald und in vielen anderen Waldgebieten. Dann müssen Urlauber nicht mehr in ferne Länder reisen, um echte und schöne Wälder zu besichtigen. Gut für den Wald - gut für das Klima und gut für den eigenen Geldbeutel.

# Andreas Mikutta am 07.04.2011, 22:37

Hallo, endlich wird Klartext geredet.Wir verbrauchen mehr Holz als bei uns wächst! Als Niedersachse fordere ich: 15% Waldanteil in allen nds. Landkreisen! Hintergrund: mit 24% Waldanteil liegt Nds. hinter dem Bundesdurchschnitt (31%). Ein Drittel der Landkreise in Niedersachsen haben weniger als 10% Waldanteil! Wenn Wald gleichzeitig Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion wahrnehmen soll, muß erst einmal überhaupt welcher da sein!

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