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Nicaraguanische NGO: Gebt keine Klimaschutzgelder ohne NeuwahlenStichwörter: Protest Korruption Politik Klimaschutz

Entweder sie sind blind und können nicht sehen oder aber sie setzen sich auf Geheiss bewusst darüber, was so offensichtlich in Nicaragua passiert, hinweg. In beiden Fällen sollten sie nicht Sekretariat des Green Climate Funds sein und eine Agenda mitgestalten, die den Ruf der Funds nur beschädigen kann. Die Rede ist vom Green Climate Funds, eine UN-Einrichtung zur Finanzierung von Maßnahmen gegen den Klimawandel und Anpassung an Klimawandelfolgen, und der peinlichen Situation, dass vom Vorstand nun über einen schlechten Finanzierungsantrag gestellt von einer korrupten Regierung ernsthaft diskutiert werden soll. Man hätte den Antrag nur nicht auf die Tagesordnung setzen müssen, wie eine Reihe von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen vorab dem Sekretariat nahe gelegt hatten.

Doch der Reihe nach: Vor einigen Wochen ist AktivistInnen, die ein Auge auf Aktivitäten des Green Climate Funds haben, eine Projektskizze aufgefallen, mit der die nicaraguanische Regierung eine Projektidee zum Regenwaldschutz vorstellte. Die Finanzierung dafür, ein Betrag von über 50 Mio US Dollar war genannt, sollte vom Green Climate Funds kommen. An sich kein ungewöhnlicher Vorgang, da die Finanzierung solcher Maßnahmen ja Aufgabe des Funds ist ... wenn die antragstellende Regierung nun nicht ausgerechnet die Nicaraguas gewesen wäre. Denn bei genauerem Hinsehen ist es überhaupt keine gute Idee mehr.

So hat die Regierung von Präsident Ortega jahrelang die Zerstörung eben dieser Wälder zugelassen ( manche wissen es besser und sagen: gefördert ) und indigene Gemeinschaften schikanieren und durch Zuwanderung destabilisieren lassen. Als im Frühjahr 2018 die Wälder im Schutzgebiet Indio Maiz brannten, wurden UmweltschützerInnen daran gehindert, Recherchereisen zu machen oder durch Demonstrationen in der Hauptstadt Managua auf die Missstände um den Waldschutz hinzuweisen. Als zugleich auch noch Sozialreformen auf Kosten der Bevölkerung angekündigt wurden, erhoben sich die Proteste (Nicaragua unter Feuer), die zu mehrmonatigen gewaltsamen Unruhen werden sollten.

Der Zorn, der sich in den Jahren zuvor gegen das Regime und die Familie Ortega angestaut hatte, sei jetzt zum Ausbruch gekommen, schrieb der Soziologe José Luis Rocha in der Zeitschrift "Confidencial" und zählte einige der Skandale auf: "Die Enthüllung, dass der Präsident des Obersten Wahlrats, Roberto Rivas, luxuriöse Villen in Costa Rica und Spanien besitzt... die Plünderung der Sozialversicherungskasse, die Holzmafia und (illegale) Abholzungen, der Bergbau und selbst der Drogenhandel." Die sandinistische Ex-Comandante und Dissidentin Mónica Baltodano brachte die Ursachen für die Protestbewegung auf eine einfache Formel: "Die nicaraguanische Erhebung hat ihre Ursache im Mangel an Demokratie". Die Demonstranten nannten die Regierung eine "Diktatur" und fordern bis heute den Rücktritt von Präsident Daniel Ortega und seiner Ehefrau Rosario Murillo, die praktischerweise die Position der Vizepräsidentin inne hat. Bei vielen der Protest-Aktionen wurden die bis dahin allgegenwärtigen Portraits und Plakate des Präsidentenehepaars abgerissen (Massive Proteste gegen die Regierung).

Präsident Ortega ließ bewaffnete Einheiten auf die Demonstranten los (viele Attentate auf AktivistInnen gehen auf das Konto von Paramilitärs) und bemühte sich redlich, ein erfolgreicher Diktator zu sein. Seit Frühjahr 2018 sind in immer wieder aufkeimenden Protesten mehrere hundert Menschen umgekommen, noch mehr wurden inhaftiert, über 60.000 flohen über die Grenzen in die Nachbarländer, um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen.

Währenddessen klammert sich der Ortega-Clan mit allen legal und illegal zur Verfügung stehenden Mitteln an die Macht. Und wie es sich für Diktaturen überall auf der Welt gehört, sind auch in Nicaragua Zivilgesellschaft, Ausländer und Meinungsfreiheit ein besonderer Dorn im Auge der Herrschenden. Alle Fernsehsender und Radiostationen, die nicht bedingungslos auf Regierungskurs waren, sind inzwischen verboten oder freiwillig abgewandert. Um den Sack noch weiter zuzumachen wurden vor wenigen Monaten neue Gesetze erlassen, die der Regierung den Zugriff auf Einzelpersonen und zivilgesellschaftliche Organisationen bei "abweichenden" Meinungen erleichtert und sie jahrelang hinter Gitter bringen kann (Sandinistas propose law to control NGOs).

In einer Zeit, in der die Regierung also willkürlich und gewaltsam gegen die eigene Bevölkerung vorgeht - die die Situation zusammenfasst als "In Nicaragua, simply existing as a person carries a risk" (Nicaragua picks a bad time) - beantragt sie zugleich finanzielle Unterstützung für Wald- und Klimaschutz bei der Weltbank und den Vereinten Nationen.

Die Forest Carbon Partnership Facility (FCPF) der Weltbank und der Green Climate Fund (GCF) der Vereinten Nationen sollen ein Projekt der Regierung über rund 120 Millionen Dollar fördern, das in den Biosphärenreservaten Indio Maiz und Bosawás die Entwaldung eindämmen und CO2-Zertifikate generieren soll. Fokus der Maßnahmen soll insbesondere die kleinbäuerliche und indigene Bevölkerung sein, die als Haupttreiber der Entwaldung dargestellt werden - kein Wort darüber, dass diese Bevölkerungsgruppen in den letzten Jahren meist Opfer des Raubzugs der Ortega-Regierung und ihrer Günstlinge geworden sind. Und kein Wort darüber, dass die Regierung an der Abholzung mitgewirkt und sich daran bereichert hat. Kritiker anerkennen es als geschickten Schachzug über ein solches Projekt aus den betroffenen Regionen nun ein zweites Mal die eigenen Taschen füllen zu können - sollten Weltbank und UN Gefahr laufen, sich mit der Finanzspritze zu willfährigen Komplizen des Diktators zu machen.

Mitte Oktober schon dokumentierte redd-monitor einen Brief von Pro REGENWALD (redd-monitor.org: 'This project is not intended to stop deforestation, protect the climate, or strengthen the indigenous population') an das über den Projektantrag mit abstimmende BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mit den wesentlichen Details, die - so man die eigenen Regeln, die einer Projektunterstützung zugrunde liegen, beachtete - eine klare Entscheidung gegen eine Finanzierung durch den GCF bei seiner Sitzung nächste Woche zur Folge haben müsste.

Das World Rainforest Movement ruft NGOs, Verbände, Kirchen etc. dazu auf, einen Offenen Brief an den Green Climate Fund zu unterzeichnen: Say NO to Green Climate Fund money for REDD in Nicaragua!

Aber am schwersten wiegt die Erfahrung und die Sicht der Betroffenen in Nicaragua selbst. In einem Offenen Brief des NGO-Bündnisses Grupo Cocibolca an die Weltbank schildern sie die Willkür und die Repressionen der Regierung und warum das Projekt den Schaden mehren würde. Sie fordern

Deshalb bestehen wir heute mehr denn je darauf, als Mitgliedsorganisationen der COCIBOLCA-Gruppe, die aus Umweltorganisationen Nicaraguas zusammengesetzt ist, weder die Teilnahme der Regierung Nicaraguas im FCPF-Kohlenstofffonds noch das dem Grünen Klimafonds (FVC) vorliegende "Bio-Klima-Projekt - Integrierte Klimaschutzmaßnahmen zur Verringerung der Entwaldung und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Biosphären von BOSAWÁS und Rio San Juan" zu genehmigen und stattdessen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen im November 2021 abzuwarten

Download Statement COCIBOLCA, pdf



Weitere Informationen:

Is Nicaragua For Sale? Foreign Mining Companies Are Eager to Buy, Oakland Institute (2020)
One Degree Removed. MLR Forestal’s Ties to Indigenous and Afro-descendant Rights Violations Oakland Institute (October 2020)
Nicaraguan Alliance of Indigenous and Afro-descendant Peoples statement of concern about World Bank REDD deal,redd-monitor.org
The New Colonization of Nicaragua’s Caribbean Coast
Iglesias continúan profanando Reserva Indio-Maíz
Por el fin de la violencia contra las mujeres y pueblos indígenas de Nicaragua, Revista Amazonas

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