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Brasilien: Gericht stellt sich gegen Zerstörung von SchutzgebietenStichwörter: Brasilien Indigene Landrecht Raubbau

Im Frühjahr 2021, als auch in Brasilien der Kampf gegen die grassierende Corona-Pandemie die Menschen beschäftigte, widmeten sich Präsident Bolsonaro und seine Gefolgsleute einem für sie viel wichtigeren Thema: der weiteren Inbesitznahme und Ausbeutung des Amazonas-Regenwaldes.

Während sich die Bewohner von Porto Velho, der Hauptstadt des Bundesstaates Rondônia, im Lockdown befanden, wurde damals eilig eine Sondersitzung des föderalen Parlaments einberufen. Die Abstimmung konnte nicht mehr länger verschoben werden. Sie wollten ein Gesetz verabschieden, das die Flächen des staatlichen Regenwaldreservats Jaci-Paraná und eines weiter südlich gelegenen Nationalparks verringern würde. Das Jaci-Paraná-Reservat, einst ein riesiges Gebiet mit gewundenen Bächen und hoch aufragenden Mahagoni- und Castanha-Bäumen, war größtenteils schon in Weideland für Rinder umgewandelt. In den leuchtend roten Boden geschnittene Straßen durchziehen das Reservat und verbinden Hunderte von Ranches, auf denen rund 120.000 Rinder grasen. Die Ranches sind illegal. Der Plan war, dies mit dem neuen Gesetz zu ändern. Die Besitzer müssten künftig, so die Überlegung, die Herkunft ihres Viehs nicht mehr verbergen, wenn sie es an große Rindfleischproduzenten verkaufen wollen. Noch wichtiger wäre gewesen, dass das Gesetz den Landräubern den Weg zu einem legalen Landtitel ebnen würde. Fast die Hälfte der Abgeordneten des Bundesstaates sind selbst Viehzüchter.

Die Zeit drängte, denn nur wenigen Tage später sollte Präsident Jair Bolsonaro auf einem von den USA initiierten Klimagipfel auftreten, um Brasiliens Umwelt- und Klimabilanz zu verteidigen. Zwei Jahre lang hat Donald Trump den Freund gegeben, als Bolsonaro Schutzmaßnahmen für den Regenwald abbaute. Präsident Joe Biden wäre das ganz sicher nicht mehr. Der Plan der Gesetzgeber könnte auch scheitern, wenn Biden den Druck erhöhen würde. Ezequiel Neiva, ein Viehzüchter und Abgeordneter, machte seinen Mitstreitern klar, dass dies ihre letzte Chance sei, das Gesetz doch noch zu verabschieden.

Der Gesetzentwurf wurde einstimmig angenommen: Jaci-Paraná, das früher so groß war, dass Mexiko-Stadt reingepasst hätte, wurde um 89 Prozent verkleinert, so dass nur noch ein Stückchen geschütztes Land an seinem westlichen Rand übrig blieb. Das andere im Gesetzentwurf erwähnte staatliche Reservat verlor 50.000 Hektar (Amazon Landgrab under Bolosonaro).

Die New York Times hat im November ausführlich berichtet, wie die Zustände in den betroffenen Gebieten Rondônias sind und welche Verbindungen es von diesen Rinderfarmen zu - auch deutschen - Automobilherstellern gibt (siehe Artikel: HOW AMERICANS’ APPETITE FOR LEATHER IN LUXURY SUVS WORSENS AMAZON DEFORESTATION unten).

Glücklicherweise hat Brasilien noch von der Regierungswillkür unabhängige Gerichte: nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Artikels über die illegale Rinderzucht im Jaci-Paraná-Reservat, erklärte ein Regionalgericht den Versuch der Landesregierung, die zerstörerischen Ranches zu legalisieren, für verfassungswidrig.

Für die über 600 Viehzüchter in Jaci-Paraná, die ihre Rinderzuchten durch das im Mai verabschiedete Gesetz schon legalisiert sahen und kein Hindernis mehr hatten, ihr Rindfleisch auch legal zu exportieren und die Häute an Gerbereien abzugeben, wäre es zwar ein großer Erfolg gewesen.

Doch Richter Jorge Ribeiro da Luz argumentierte, dass es der Regierung nicht erlaubt sei, diejenigen zu belohnen, die das Jaci-Paraná-Reservat und den Guajará-Mirim-Park illegal besetzt hätten, nur weil sie selbst nicht in der Lage sei, die Schutzgebiete zu schützen. "Wenn man diese Art von Verhalten zuließe", schrieb er, "würde die Regierung keine Maßnahmen zur Bekämpfung der Entwaldung ergreifen, und die Menschen würden die Bestätigung erhalten, dass sich Verbrechen auszahlt."

Auch die Staatsanwaltschaft hat jahrzehntelang energisch gegen die Landnahme gekämpft. Schon vor der Verabschiedung des Gesetzes im Mai hatte sie 98 Klagen eingereicht und fast 30 Millionen Dollar an Entschädigungen erwirkt. Doch die äußerst schwache Durchsetzung der Gesetze in der betreffenden Region führte dazu, dass Dutzende von Gerichtsurteilen nahezu ohne Konsequenzen geblieben waren. In der Zwischenzeit kam es zu Gewalt. Seit 2020 wurden in der Region 17 Menschen ermordet, die meisten davon nach Angaben der Polizei aufgrund von Landkonflikten.

Weitere Information HOW AMERICANS’ APPETITE FOR LEATHER IN LUXURY SUVs WORSENS AMAZON DEFORESTATION - New York Times, 17.11.2021   

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